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Die Nord­deut­sche Lan­des­bank fei­ert ihre Halb­jah­res­bi­lanz als Beleg für eine gelun­ge­ne Trans­for­ma­ti­on. Doch hin­ter den posi­ti­ven Zah­len ver­ber­gen sich struk­tu­rel­le Schwä­chen und eine frag­wür­di­ge Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stra­te­gie. Eine kri­ti­sche Ein­ord­nung der ver­meint­li­chen Erfolgsgeschichte.


Die NordLB insze­niert sich als Come­back-Kid des deut­schen Ban­ken­we­sens. Mit 264 Mil­lio­nen Euro Vor­steu­er­ge­winn im ers­ten Halb­jahr und einem Plus von 20 Pro­zent gegen­über dem Vor­jahr zeich­net die Bank das Bild einer erfolg­rei­chen Neu­aus­rich­tung. Vor­stands­chef Andre­as Pohl spricht von einer „bewähr­ten neu­en Stra­te­gie”, Auf­sichts­rats­chef Gerald Hee­re – in Per­so­nal­uni­on nie­der­säch­si­scher Finanz­mi­nis­ter – unter­streicht die „Fort­schrit­te”. Doch die­se orches­trier­te Har­mo­nie soll­te miss­trau­isch stim­men[1]NordLB stei­gert Gewinn um 20 Pro­zent – bleibt vor­sich­tig für 2025.

Das Pro­blem der Selbstbeweihräucherung

Wenn eine Insti­tu­ti­on pri­mär durch ihre eige­nen Prot­ago­nis­ten gelobt wird, ist Vor­sicht gebo­ten. Die NordLB-Kom­mu­ni­ka­ti­on liest sich wie ein Para­de­bei­spiel inter­es­sen­ge­lei­te­ter Dar­stel­lung: Vor­stand, Auf­sichts­rat und Eigen­tü­mer­ver­tre­ter über­schla­gen sich förm­lich mit Lob für die eige­ne Per­for­mance. Eine unab­hän­gi­ge, kri­ti­sche Ein­ord­nung fehlt völ­lig. Statt­des­sen domi­niert ein Nar­ra­tiv des Tri­umphs, das all­zu bereit­wil­lig von den Medi­en über­nom­men wird.

Rela­ti­ver Erfolg ent­larvt struk­tu­rel­le Schwäche

Die Zah­len mögen auf den ers­ten Blick beein­dru­cken, doch der Blick auf die Kon­kur­renz ernüch­tert: Wäh­rend die NordLB ihre 264 Mil­lio­nen Euro Vor­steu­er­ge­winn fei­ert, mel­det die LBBW für das ers­te Halb­jahr 2025 zwar einen Rück­gang des Kon­zern­er­geb­nis­ses um sechs Pro­zent auf 477 Mil­lio­nen Euro, aber einen ope­ra­ti­ven Gewinn vor Steu­ern von 759 Mil­lio­nen Euro – immer noch fast das Drei­fa­che der NordLB. Wäh­rend die LBBW bereits eine Eigen­ka­pi­tal­ren­ta­bi­li­tät von 8,6 bis 9,3 Pro­zent erreicht, kämpft sich die NordLB müh­sam zu ihren anvi­sier­ten 7 Pro­zent vor und träumt von 10 Pro­zent. Was als ambi­tio­nier­tes Wachs­tums­ziel ver­kauft wird, ent­puppt sich bei genaue­rer Betrach­tung als simp­ler Aufholbedarf.

Vola­ti­li­tät statt nach­hal­ti­ger Stabilität

Beson­ders beun­ru­hi­gend ist die Struk­tur der Gewinn­stei­ge­rung: Der Anstieg der Pro­vi­si­ons­er­trä­ge um 31 Pro­zent mag spek­ta­ku­lär wir­ken, doch Pro­vi­si­ons­ge­schäft ist noto­risch vola­til und abhän­gig von Kapi­tal­markt­ent­wick­lun­gen und Kun­den­ak­ti­vi­tä­ten. Die­se Ein­nah­me­quel­le kann eben­so schnell ver­sie­gen, wie sie auf­ge­blüht ist. Nach­hal­ti­ges Wachs­tum sieht anders aus.

Kos­ten­sen­kung als zwei­schnei­di­ges Schwert

Die Bank rühmt sich ihrer Kos­ten­dis­zi­plin – Ver­wal­tungs­auf­wand nur plus ein Pro­zent, erreicht durch Kür­zun­gen bei Sach­kos­ten und radi­ka­len Per­so­nal­ab­bau auf nur noch 3.750 Mit­ar­bei­ter. Kurz­fris­tig mag das die Effi­zi­enz stei­gern, lang­fris­tig droht jedoch ein gefähr­li­cher Sub­stanz­ver­lust. Wenn Bera­tungs­qua­li­tät, Ver­triebs­kraft und Spe­zi­al­kennt­nis­se weg­ra­tio­na­li­siert wer­den, ist die ver­meint­li­che Effi­zi­enz­stei­ge­rung nur ein Pyrrhussieg.

Risi­ken wer­den schöngeredet

Wäh­rend die NordLB ihre Erfol­ge fei­ert, steigt die Risi­ko­vor­sor­ge um 20 Pro­zent auf 73 Mil­lio­nen Euro – ein deut­li­ches Warn­si­gnal für zuneh­men­de Kre­dit­ri­si­ken in einem schwie­ri­ger wer­den­den Wirt­schafts­um­feld. Gleich­zei­tig wer­den im Immo­bi­li­en­ge­schäft Rück­stel­lun­gen auf­ge­löst, was ange­sichts der anhal­ten­den Kri­se am deut­schen Immo­bi­li­en­markt frag­wür­dig erscheint. Die­se wider­sprüch­li­che Risi­ko­be­wer­tung wirft Fra­gen zur Kon­sis­tenz der Bank­stra­te­gie auf.

Stress­test-Ergeb­nis­se: Licht und Schatten

Beim jüngs­ten EBA-Stress­test zeig­te die NordLB durch­aus respek­ta­ble Ergeb­nis­se: Ihre har­te Kern­ka­pi­tal­quo­te fiel im Nega­tiv­sze­na­rio von 19,0% auf noch soli­de 13,5% – deut­lich bes­ser als die schwer getrof­fe­ne LBBW (6,8%) oder Hela­ba (7,5%). Doch auch die­se ver­meint­lich posi­ti­ve Nach­richt rela­ti­viert sich: Ein Rück­gang um 5,5 Pro­zent­punk­te zeigt die Vul­nerabi­li­tät der Bank gegen­über Kri­sen, ins­be­son­de­re im Gewer­be­im­mo­bi­li­en­sek­tor. Zudem ver­deut­licht das Ergeb­nis, dass die NordLB trotz aller Fort­schrit­te noch immer deut­lich kri­sen­an­fäl­li­ger ist als bei­spiels­wei­se die Bay­ern­LB, die mit 14,3% ein noch sta­bi­le­res Ergeb­nis erziel­te. Über­dies war der Stress­test nur bedingt aus­sa­ge­kräf­tig, da ech­te Extrem­ereig­nis­se nicht berück­sich­tigt wur­den. Gera­de in Nie­der­sach­sen dürf­te die Kri­se in der Auto­mo­bil­in­dus­trie noch für eini­ge Ver­wer­fun­gen im Kre­dit­buch sor­gen. Kein Bun­des­land ist so von der Auto­mo­bil­in­dus­trie abhän­gig wie Nie­der­sach­sen. Aller­dings ist die Situa­ti­on in Bay­ern und Baden-Würt­tem­berg und für die dor­ti­gen Lan­des­ban­ken nicht wirk­lich bes­ser – lang­fris­tig womög­lich sogar noch schlimmer.

Das Trau­ma der Vergangenheit

All die­se Ent­wick­lun­gen müs­sen vor dem Hin­ter­grund der jüngs­ten Geschich­te betrach­tet wer­den: 2019 stand die NordLB vor dem Kol­laps und muss­te mit 3,6 Mil­li­ar­den Euro öffent­li­cher Mit­tel geret­tet wer­den – ein direk­tes Resul­tat kata­stro­pha­ler Fehl­ent­schei­dun­gen im Schiff­fahrts­ge­schäft. Das Ver­trau­en der Öffent­lich­keit ist noch lan­ge nicht wie­der­her­ge­stellt, und die Bank ope­riert wei­ter­hin unter dem Damo­kles­schwert ihrer belas­te­ten Ver­gan­gen­heit. Auch wenn die Stress­test-Ergeb­nis­se dies­mal soli­de aus­fie­len, zei­gen sie doch die anhal­ten­de Kri­sen­an­fäl­lig­keit der Institution.

Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stra­te­gie statt ech­ter Transparenz

Die Bericht­erstat­tung über die Halb­jah­res­er­geb­nis­se offen­bart ein wei­te­res Pro­blem: Die unkri­ti­sche Über­nah­me von Bank­aus­sa­gen durch die Medi­en. Statt har­te Fra­gen zu stel­len, wer­den posi­ti­ve Nar­ra­ti­ve wei­ter­trans­por­tiert. Die vagen Zukunfts­pro­gno­sen – ledig­lich ein „höhe­res Vor­steu­er­ergeb­nis” ohne kon­kre­te Zah­len – blei­ben unkom­men­tiert. Die­se Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stra­te­gie mag kurz­fris­tig image­för­dernd sein, lang­fris­tig unter­gräbt sie jedoch die Glaubwürdigkeit.

Fazit: Erfolg auf wacke­li­gem Fundament

Die NordLB mag sich auf dem Weg der Bes­se­rung befin­den, doch ihre Erfolgs­ge­schich­te steht auf töner­nen Füßen. Vola­ti­le Pro­vi­si­ons­er­trä­ge, struk­tu­rel­ler Rück­stand gegen­über der Kon­kur­renz, stei­gen­de Risi­ken und eine frag­wür­di­ge Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stra­te­gie sind kei­ne Grund­la­ge für nach­hal­ti­gen Erfolg. Statt vor­schnel­ler Jubel­ru­fe wären ehr­li­che Ein­schät­zun­gen und kri­ti­sche Nach­fra­gen ange­bracht. Die Geschich­te der NordLB zeigt: Wer zu früh jubelt, ris­kiert das nächs­te Debakel.