Von Ralf Keuper
Die Hersteller von Geldausgabeautomaten, ATMs und Kassenterminals, wie Wincor Nixdorf, NCR und Diebold, werden unter Insidern häufig liebevoll-ironisch als “Kistenschieber” bezeichnet.
Es scheint, als würde die technologische und gesellschaftliche Entwicklung an den “Kistenschiebern” langsam aber sicher vorbei laufen.
Auslöser dieses Falls eines klassischen Innovator’s Dilemma ist der Übergang in die bargeldlose Gesellschaft, wie er durch die Verbreitung von Online- und Mobile Payments Einzug hält. An die Stelle der GAAs, ATMs und Kassenterminals treten die Smartphones und andere mobile Endgeräte. Die Bankfilialen, einst wichtigste Einnahmequelle der Hersteller, gehen an Zahl und Bedeutung für die Kundeninteraktion zurück. Die noch verbleibenden Filialen werden ihr Gesicht deutlich wandeln müssen. Es ist fraglich, ob darin für GAAs, AKTs oder auch Smart ATMs noch Platz sein wird. Nicht viel anders verhält es sich im Einzelhandel. Zwar ist nicht davon auszugehen, dass die Zahl der Filialen, vor allem im Bereich Lebensmittelhandel, sich ähnlich rückläufig entwickeln wird wie im Bankenbereich, allerdings mehren sich auch hier die Anzeichen, dass die guten Zeiten der Kassenterminals sich dem Ende entgegen neigen. Es ist m.E. nur noch eine Frage der Zeit, bis die Smartphones oder andere mobile Endgeräte die klassischen Kassenterminals ersetzen werden. Künftig werden sie nur noch für Barzahlungen benötigt.
Der Glaube, die Schwellenländer könnten für Ausgleich sorgen, ist trügerisch. In Afrika beispielsweise ist die Verbreitung von Mobile Banking und Mobile Payments schon so weit, dass die flächendeckende Einführung stationärer Geldausgabeautomaten einen Rückschritt bedeuten würde.
Das Geschäft im Handel wie im Banking verlagert sich zunehmend in die digitalen Ökosysteme wie Amazon, Apple, Google, Alibaba, Tencent, Daum Kakoa, Baidu, PayPal & Co. . Der Geldfluss erfolgt hier fast ausschließlich unbar, voll elektronisch per Internet.
Sollten sich Digitale Währungen durchsetzen bzw. einen hohen Verbreitungsgrad erreichen, trüben sich die Aussichten für die Hersteller noch weiter ein.
Clayton Christensen nannte in seinem Buch The Innovator’s Dilemma als einen der Haupttreiber für den Niedergang einst erfolgreicher und innovativer Unternehmen, das Verharren in spezifischen Value Networks.
The concept of the value network – the context within which a firm identifies and responds to customers, and strives for profit – is central .. . Within a value network, each firm’s competitive strategy, and particularly its past choices of markets, determines its perceptions of the economic value of a new technology. These perceptions, in turn, shat the reward different firm expect to obtain through pursuit of sustaining and disrupting innovations. In established firms, expected reward, in turn, drive the allocation of resources toward sustaining innovations and away from disruptive ones.
Die Hersteller haben sich in den letzten Jahrzehnten demnach zu sehr auf die Banken und die großen Einzelhandelskonzerne konzentriert und auf deren bevorzugte Vertriebskanäle. In der Zwischenzeit haben sich diese jedoch grundlegend gewandelt und werden von anderen Software- und Hardwareherstellern wie Apple, Samsung, Huawei und Xiaomi schon jetzt in einer Weise bedient, an die Wincor Nixdorf, NCR und Diebold kaum noch werden heran reichen können.