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Das Bank­haus C.L. See­li­ger blickt auf über zwei­hun­dert Jah­re Geschich­te zurück. Gegrün­det 1787 durch Hein­rich Anton Chris­toph See­li­ger aus einem Han­dels­ge­schäft her­aus, ent­wi­ckel­te es sich zunächst im Stil des klas­si­schen „mer­chant ban­kers“: Han­del und Kre­dit­ge­schäf­te gin­gen Hand in Hand. 1860 erhielt See­li­ger die her­zog­li­che Kon­zes­si­on für Bank­ge­schäf­te und blieb trotz Aus­wei­tung stets im länd­li­chen Braun­schwei­ger Raum verwurzelt.


Im 19. und frü­hen 20. Jahr­hun­dert erleb­te das Haus Höhen im Wert­pa­pier- und Indus­trie­be­tei­li­gungs­ge­schäft, muss­te aber mit dem Auf­stieg der Akti­en­ban­ken die Gren­zen sei­ner Kapi­tal­aus­stat­tung erfah­ren. Mehr­fach sicher­te die Betei­li­gung exter­ner Part­ner – von der Braun­schwei­gi­schen Staats­bank über die NordLB bis zur Ver­eins- und West­bank – das Über­le­ben, ohne dass die Eigen­stän­dig­keit gänz­lich ver­lo­ren ging. Nach der Wie­der­ver­ei­ni­gung erschloss sich See­li­ger neue Märk­te in Ost­deutsch­land und blieb zugleich regio­nal ver­an­kert mit einer Spe­zia­li­sie­rung auf Agrar­fi­nan­zie­rung. 2004 schließ­lich kauf­te die Fami­lie die Antei­le der dama­li­gen Ver­eins- und West­bank zurück – und führ­te das Haus erneut als unab­hän­gi­ge Pri­vat­bank in Familienbesitz.

Heu­te gilt See­li­ger als Nischen­bank, die sich durch indi­vi­du­el­le Bera­tung, maß­ge­schnei­der­te Finanz­lö­sun­gen und regio­na­le Kun­den­nä­he behaup­tet – eine sel­te­ne Kon­ti­nui­tät im deut­schen Bankenmarkt.

Bank­stil-Theo­re­ti­sche Bewertung

Die Geschich­te des Bank­hau­ses C.L. See­li­ger lässt sich als exem­pla­ri­scher Beleg für die Logik der Bank­stil-Theo­rie lesen. Ein Bank­stil ist mehr als nur eine Geschäfts­stra­te­gie; er ist Aus­druck einer kul­tu­rell und gesell­schaft­lich ver­an­ker­ten Form des Bank­ge­schäfts. Er ver­mit­telt Iden­ti­tät, schafft Erwar­tungs­si­cher­heit und mar­kiert Zuge­hö­rig­keit zu einem bestimm­ten Typus von Banking.

Im Fall See­li­ger zeigt sich ein Stil der Bestän­dig­keit in der Nische. Von Beginn an ist das Haus durch Han­del und Mer­chant Ban­king geprägt – ein Stil, der aus dem Über­gang vom Kauf­mann zum Pri­vat­ban­kier her­vor­ging. Die­se Ver­bin­dung von Han­del, regio­na­ler Ver­an­ke­rung und indi­vi­du­el­ler Kre­dit­ver­ga­be kon­sti­tu­ier­te das, was man als „Pri­vat­bank­stil“ bezeich­nen könnte.

Gleich­zei­tig offen­bart die Geschich­te des Hau­ses, dass Bank­sti­le nicht sta­tisch sind, son­dern Trans­for­ma­tio­nen durch­lau­fen. Mit der Indus­tria­li­sie­rung und dem Auf­stieg der Akti­en­ban­ken ver­lor der Pri­vat­bank­stil sei­nen uni­ver­sel­len Cha­rak­ter und zog sich in die Nische zurück. See­li­ger ver­kör­per­te fort­an die Anpas­sungs­fä­hig­keit eines Stils, der zwar in sei­nem Kern kon­ser­va­tiv blieb – per­sön­li­che Nähe, indi­vi­du­el­le Bera­tung, regio­na­le Bin­dung –, aber immer wie­der situa­tiv neue Alli­an­zen ein­ging (Staats­bank, NordLB, Ver­eins- und Westbank).

Die Epi­so­den der Kapi­tal­be­tei­li­gun­gen und Rück­käu­fe zei­gen die Dia­lek­tik von Stil und Struk­tur: Der Pri…