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Walt­her Zügel war ein Archi­tekt des moder­nen Ban­ken­we­sens in Baden-Würt­tem­berg. Mit Weit­sicht und stra­te­gi­schem Geschick form­te er aus einer regio­na­len Spar­kas­se ein füh­ren­des Finanz­in­sti­tut. Doch die Geschich­te, die er begann, nahm spä­ter Wen­dun­gen, die er wohl selbst nicht vor­her­ge­se­hen hat. 


Am 11. Juli 2025 ist Walt­her Zügel im Alter von 92 Jah­ren in Stutt­gart gestor­ben. Mit ihm ver­liert Baden-Würt­tem­berg eine prä­gen­de Per­sön­lich­keit der Finanz­welt – einen Mann, der den Auf­stieg der Lan­des­gi­ro­kas­se Stutt­gart ent­schei­dend vor­an­trieb und zugleich weit über den Ban­ken­sek­tor hin­aus wirkte.

Zügel, 1933 in Ger­stet­ten gebo­ren, trat 1969 in den Vor­stand der Städ­ti­schen Spar- und Giro­kas­se Stutt­gart ein und wur­de drei Jah­re spä­ter deren Vor­stands­vor­sit­zen­der. Sein größ­ter Schritt folg­te 1975: die von ihm gelei­te­te Fusi­on mit der Würt­tem­ber­gi­schen Lan­des­spar­kas­se zur Lan­des­gi­ro­kas­se Stutt­gart. Damit leg­te er den Grund­stein für die spä­te­re Lan­des­bank Baden-Würt­tem­berg (LBBW) und schuf ein Insti­tut, das in den fol­gen­den Jahr­zehn­ten zu den bedeu­tends­ten Ban­ken Deutsch­lands zäh­len soll­te. Unter sei­ner Lei­tung (1975–1996) ent­wi­ckel­te sich die Lan­des­gi­ro­kas­se zu einem Syn­onym für Soli­di­tät, Expan­si­on und Innovationsbereitschaft.

Doch die Geschich­te der LBBW zeigt auch die Brü­chig­keit sol­cher Erfolgs­ge­schich­ten. Unter Zügels Nach­fol­ger Sieg­fried Jasch­in­ski geriet die Bank in der Finanz­kri­se ab 200708 in exis­ten­zi­el­le Tur­bu­len­zen. Mil­li­ar­den­ver­lus­te aus ris­kan­ten Enga­ge­ments, pro­ble­ma­ti­sche Über­nah­men und die Not­wen­dig­keit staat­li­cher Ret­tungs­pa­ke­te über­schat­te­ten den Ruf des Insti­tuts. Auch heu­te zählt die LBBW nicht gera­de zu den Juwe­len der deut­schen Bankenlandschaft.

Zügel selbst äußer­te sich nie öffent­lich zu die­ser Ent­wick­lung; er blieb der LBBW zwar im Bei­rat ver­bun­den, doch nach außen domi­nier­te sei­ne Loya­li­tät. Dass die LBBW aus­ge­rech­net dort ins Strau­cheln geriet, wo Zügel einst Sta­bi­li­tät und stra­te­gi­sche Stär­ke ver­an­kert hat­te, ist eine Iro­nie der Geschichte.

Abseits der Finanz­welt war Zügel ein Mann von bemer­kens­wer­ter gesell­schaft­li­cher Brei­te. Als Vize­prä­si­dent der Indus­trie- und Han­dels­kam­mer Stutt­gart, als Ehren­se­na­tor meh­re­rer Uni­ver­si­tä­ten, Mit­be­grün­der der Bür­ger­stif­tung Stutt­gart, För­de­rer der Inter­na­tio­na­len Bach­aka­de­mie und lang­jäh­ri­ger Vor­sit­zen­der des För­der­ver­eins der Wil­hel­ma präg­te er das kul­tu­rel­le, wis­sen­schaft­li­che und sozia­le Leben der Region.

Für sei­ne Ver­diens­te erhielt er höchs­te Aus­zeich­nun­gen: das Gro­ße Ver­dienst­kreuz der Bun­des­re­pu­blik, die Stau­f­er­me­dail­le in Gold und den Ehren­ti­tel Pro­fes­sor des Lan­des Baden-Württemberg.

So bleibt das Bild eines Man­nes, der nicht nur als Ban­ker, son­dern als Gestal­ter des öffent­li­chen Lebens wirk­te. Walt­her Zügel hat Spu­ren hin­ter­las­sen, die weit über den Finanz­sek­tor hin­aus­rei­chen – und ein Kapi­tel in der Geschich­te einer Bank auf­ge­schla­gen, des­sen Nach­wir­kun­gen noch heu­te zu spü­ren sind.