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Die Landesbank Baden-Württemberg preist ihre Halbjahreszahlen als Erfolgsgeschichte an. Doch hinter der strahlenden Fassade offenbaren sich strukturelle Schwächen, die Zweifel an der tatsächlichen Widerstandsfähigkeit der Bank aufkommen lassen.
Wenn Zahlen interessegeleitet interpretiert werden
Die jüngsten Halbjahreszahlen der LBBW lesen sich wie ein Lehrstück in moderner Bankkommunikation: Was eigentlich ein Gewinnrückgang ist, wird durch geschickte Zahlenakrobatik zum Wachstumsmärchen umgedeutet. Die Realität sieht weniger rosig aus, als es die Pressemitteilung der schwäbischen Landesbank suggeriert[1]LBBW-Gewinn sinkt im Halbjahr mit Integration der Berlin Hyp.
Mit einem Konzernergebnis vor Steuern von 705 Millionen Euro liegt die Bank faktisch 26 Millionen Euro unter dem Vorjahreswert von 731 Millionen Euro. Doch statt diesen Rückgang offen zu kommunizieren, greift die LBBW zu einem bewährten Kunstgriff: Sie rechnet die Integrationskosten der übernommenen Berlin Hyp kurzerhand heraus und präsentiert stolz einen “bereinigten” Gewinn von 759 Millionen Euro. Diese Praxis grenzt an kommunikative Schönfärberei, denn Integrationskosten sind reale Aufwendungen, die das Ergebnis belasten – unabhängig davon, ob sie der Bank ins Narrativ passen oder nicht.
Die teure Berliner Hochzeit
Die Integration der Berlin Hyp erweist sich als kostspieliges Unterfangen, das die Gewinnrechnung mit 54 Millionen Euro belastet. Hinzu kommt der geplante Abbau von rund 300 Arbeitsplätzen – ein sozialer Kahlschlag, der euphemistisch als “sozialverträgliche” Lösung über natürliche Fluktuation verkauft wird. Ob die erhofften Synergieeffekte jemals die hohen Integrationskosten kompensieren werden, steht in den Sternen. Die LBBW verkauft die Übernahme als strategischen Coup, doch bislang zahlt sie nur drauf.
Besonders pikant: Während die Bank die Integration nach außen als Erfolg feiert, zeigen die nackten Zahlen eine andere Realität. Die Kosten für IT-Umstellung, Restrukturierung und Rückstellungen belasten das Ergebnis erheblich. Hier offenbart sich eine kommunikative Schieflage zwischen Anspruch und Wirklichkeit.
Immobilienrisiken im Blindflug
Das Immobiliensegment trägt mit 205 Millionen Euro Vorsteuerergebnis wesentlich zum Gesamterfolg bei – eine bemerkenswerte Leistung angesichts der schwächelnden Baukonjunktur und steigender Zinsen. Doch dieser scheinbare Erfolg könnte sich als Pyrrhussieg erweisen. Die Risikovorsorge, die bereits Immobilien-Einzelfälle berücksichtigt, deutet auf strukturelle Probleme in diesem Geschäftsfeld hin. Bei einer anhaltenden Marktschwäche könnte sich die Bank hier eine blutige Nase holen.
Die LBBW navigiert durch ein Minenfeld: Einerseits erwirtschaftet sie solide Erträge im Immobiliensegment, andererseits steigt das Ausfallrisiko in einem zunehmend angespannten Marktumfeld. Die sinkende Risikovorsorge mag kurzfristig das Ergebnis schönen, langfristig könnte sich diese Rechnung als Milchmädchenrechnung erweisen.
Das Damoklesschwert der Kapitalschwäche
Der wahre Lackmustest für die Stabilität einer Bank sind nicht die Gewinne in guten Zeiten, sondern die Widerstandsfähigkeit in Krisenszenarien. Hier offenbart die LBBW ihre Achillesferse: Im EBA-Stresstest würde die harte Kernkapitalquote dramatisch von über 16 Prozent auf lediglich 6,8 Prozent abstürzen – ein Kollaps um mehr als zehn Prozentpunkte.
Diese Zahlen sind alarmierend und stehen in krassem Widerspruch zur Selbstdarstellung als “resiliente” Bank. Während Wettbewerber auch in Stressszenarien zweistellige Kapitalquoten halten können, droht der LBBW im Ernstfall ein gefährliches Abrutschen in den kritischen Bereich. Die viel beschworene Widerstandsfähigkeit entpuppt sich als Luftschloss.
Kommunikative Nebelkerzen
Die Art, wie die LBBW ihre Halbjahreszahlen präsentiert, folgt einem durchsichtigen Muster: Positive Botschaften werden in den Vordergrund gestellt, während kritische Aspekte elegant in den Hintergrund gedrängt werden. Die dreistelligen Segmentgewinne und die optimistische Jahresprognose von über einer Milliarde Euro dominieren die Kommunikation, während die desaströsen Stresstest-Ergebnisse und die realen Integrationskosten zu Fußnoten degradiert werden.
Fazit: Glanz und Elend einer Landesbank
Die LBBW steht exemplarisch für den Spagat deutscher Landesbanken zwischen öffentlichem Auftrag und privatwirtschaftlicher Effizienz. Operativ erwirtschaftet sie solide Erträge und behauptet sich in einem schwierigen Marktumfeld. Doch die strukturellen Schwächen – mangelhafte Kapitalausstattung im Stressfall, hohe Immobilienexponierung und die teuren Folgen der Berlin-Hyp-Übernahme – werfen Schatten auf die Zukunftsfähigkeit des Instituts.
Die kommunikative Schönfärberei der Halbjahreszahlen kann diese Probleme nicht übertünchen. Statt auf Zahlenakrobatik zu setzen, wäre die Bank besser beraten, ihre Hausaufgaben zu machen: die Kapitalausstattung zu stärken, die Immobilienrisiken zu begrenzen und die Integration der Berlin Hyp endlich erfolgreich abzuschließen. Nur so kann aus der geschönten Erfolgsgeschichte eine echte werden.
References