Von Ralf Keuper
Es ist schon ein Ritual, dass, wenn die Banken ihre Gebühren erhöhen, ein öffentlicher Aufschrei erfolgt. In Zeiten, in denen die Kunden sogar für ihr Guthaben noch zahlen sollen, tritt der Streit scheinbar in eine neue Phase. Häufig stellt sich der Verdacht ein, dass die Banken ihr Geschäftsmodell über das Drehen an der Gebührenschraube retten wollen.
Der Streit um die Gebühren schwelt jedoch seit Jahrzehnten. So berichtete der SPIEGEL zu Beginn des Jahres 1990 in Feine Tricks, grobe Gebühren von einer zunehmenden Kritik an der Gebührenpolitik des Bankgewerbes:
Eine Welle von Kritik schwappt über dem Geldgewerbe zusammen. Die Kundschaft ist verärgert, viele sind enttäuscht und verbittert. Sie schimpfen über zu hohe Gebühren; sie verdächtigen die Institute, auf den Sparbüchern kümmerliche Hungerzinsen festzuschreiben, bei Kleinkrediten aber Wucherzinsen abzuräumen; sie schimpfen über Bankberater, die ihnen windige Baufinanzierungen andrehen oder sie in waghalsige Kapitalanlagen jagen.
Schon damals sahen sich die Banken mit einem Vertrauensverlust konfrontiert:
Doch vermutlich noch nie sahen sich die Banker soviel Mißtrauen ausgesetzt wie gegenwärtig: In einer Gesellschaft, die kaum etwas anderes als materielle Werte kennt, die den Mammon wie einst die Götter anbetet – in einer solchen Gesellschaft müssen diejenigen, die das Geld verwalten und verteilen, mit verschärfter Beobachtung rechnen.
Dennoch, so der Beitrag, führe an den Banken in Finanzfragen kein Weg mehr vorbei.
Die Abhängigkeit des Kunden von der Bank wird durch eine deutsche Besonderheit zu einer Frage des Systems: durch das Universalbank-System. In diesem Gebilde dürfen die Banker, anders als etwa in den USA, beinahe alle Geldgeschäfte tätigen. Sie dürfen mit Aktien handeln, mit Devisen oder Gold.
Hinzu kommt, dass die meisten Kunden ihre Bankverbindung nur sehr ungern wechseln – auch wenn sie mit dem Service ihrer Hausbank unzufrieden sind:
Die Bankverbindung wechselt der Zivilisationsmensch nicht so behend wie die Autowerkstatt oder den Konfektionär. Die Bank ist quasi ein Teil der Intimsphäre, manche Geldhäuser sind besser über ihre Kunden informiert als deren eigene Steuerberater.
In dem Beitrag kam auch eine Psychologin zu Wort:
Zu einem gut Teil ist das Mißtrauen der Bürger in das Treiben der Banker mit der perfekten Verschleierungspolitik der Geldhäuser zu begründen. Die Psychologin Carmen Lakaschus hat die Beziehung von Banken und ihrer Klientel untersucht. Ihr Befund: Zwar bedeute Macht auch Sicherheit, wenn die Bank “solide und seriös wirkt”. Doch das Gefühl schlage schnell um in Ohnmacht, wenn der Kunde glaube, die Macht werde auf seine Kosten mißbraucht.
Mittlerweile ist die Lage für die Kunden längst nicht mehr so alternativlos wie damals. Fintech-Startups, vor allem aber die großen digitalen Plattformen (GAFAA) sind dabei, die Kunden von ihren Banken zu entwöhnen. Ob sich damit das Gebührenproblem in Wohlgefallen auflöst, bleibt indes abzuwarten.