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Bra­si­li­ens Fin­Tech-Revo­lu­ti­on gilt als Erfolgs­mo­dell pro­ak­ti­ver Regu­lie­rung: PIX demo­kra­ti­siert Zah­lun­gen, Open Finan­ce öff­net Märk­te, 71 Mil­lio­nen Men­schen erhal­ten Zugang zum Finanz­sys­tem. Doch hin­ter den Erfolgs­zah­len zeigt sich eine Schat­ten­sei­te – explo­die­ren­de Ver­schul­dung, gras­sie­ren­der Betrug und eine gefähr­li­che Lücke zwi­schen trans­ak­tio­na­lem Zugang und ech­ter Finanz­bil­dung. Die Geschich­te ist kom­pli­zier­ter als gedacht.


Die Geschich­te des Finanz­sys­tems ist eine Geschich­te regu­la­to­ri­scher Brü­che. Immer wie­der haben Inno­va­tio­nen die bestehen­den Regeln über­for­dert, neue Risi­ken geschaf­fen und Auf­sichts­be­hör­den zum Nach­zie­hen gezwun­gen – oft erst nach schwe­ren Kri­sen. Unter­su­chun­gen zur Fin­Tech-Regu­lie­rung zei­gen ein grund­sätz­li­ches Pro­blem: Finanz­in­no­va­tio­nen sind kei­ne iso­lier­ten Ereig­nis­se, son­dern sys­te­mi­sche Phä­no­me­ne, die weit über tech­ni­sche Neue­run­gen hin­aus­rei­chen. Wenn Regu­lie­rung nicht ange­passt wird, ent­ste­hen gefähr­li­che blin­de Fle­cken – doch eine Anpas­sung darf Inno­va­ti­on nicht ersticken.

Das zen­tra­le Dilem­ma der Finanz­auf­sicht lässt sich als unmög­li­che Drei­fal­tig­keit beschrei­ben: Markt­sta­bi­li­tät, kla­re Regeln und Inno­va­ti­ons­be­glei­tung – von die­sen drei Zie­len las­sen sich nur zwei gleich­zei­tig voll­stän­dig errei­chen. Wer abso­lu­te Sta­bi­li­tät und glas­kla­re Vor­schrif­ten will, muss Inno­va­ti­on brem­sen. Wer Inno­va­ti­on för­dern und gleich­zei­tig regel­ba­sier­te Sicher­heit bie­ten möch­te, ris­kiert Insta­bi­li­tät. Die­ses Yadav-Brum­mer-Tri­lem­ma ver­schärft sich durch die aktu­el­le Wel­le digi­ta­ler Finanz­in­no­va­tio­nen dramatisch.

Die ABCD-Tech­no­lo­gien – Künst­li­che Intel­li­genz, Block­chain, Cloud und Big Data – ver­än­dern die Finanz­dienst­leis­tun­gen fun­da­men­tal. Daten wer­den zur han­del­ba­ren Ware, Algo­rith­men tref­fen Ent­schei­dun­gen in Mil­li­se­kun­den, Inter­me­diä­re wer­den über­flüs­sig. Die Wert­schöp­fungs­ket­ten lösen sich auf und for­mie­ren sich neu. Tra­di­tio­nel­le Ban­ken sehen sich plötz­lich mit Tech-Gigan­ten kon­fron­tiert, die ohne Fili­al­netz und mit mini­ma­ler Kapi­tal­aus­stat­tung Mil­lio­nen Kun­den gewin­nen. Neo­ban­ken ent­ste­hen prak­tisch über Nacht. Die klas­si­schen Kate­go­rien der Finanz­auf­sicht – Bank, Ver­si­che­rung, Wert­pa­pier­fir­ma – verschwimmen.

Die Chan­cen die­ser Ent­wick­lung sind beträcht­lich. Effi­zi­enz­ge­win­ne durch nied­ri­ge­re Kos­ten, bes­se­re Kapi­tal­al­lo­ka­ti­on und inten­si­ve­ren Wett­be­werb ver­spre­chen erheb­li­che Wohl­fahrts­ef­fek­te. Tech­no­lo­gi­sche Inter­ven­ti­on kann Anle­ger und Ver­brau­cher bes­ser schüt­zen als büro­kra­ti­sche Vor­schrif­ten. Dezen­tra­li­sie­rung könn­te das Finanz­sys­tem sta­bi­ler machen, ver­bes­ser­te Risi­ko­mo­del­le die Auf­sicht effektiver.…