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Cha­ris­ma­ti­sche CEOs, visio­nä­re Stra­te­gien, ein­zig­ar­ti­ge Unter­neh­mens­kul­tu­ren – die Wirt­schafts­pres­se weiß immer genau, war­um Unter­neh­men erfolg­reich sind. Bis zum Moment des Schei­terns. Dann wer­den die­sel­ben Eigen­schaf­ten plötz­lich zu fata­len Schwä­chen umge­deu­tet. Die Geschich­ten von Cis­co, Wire­card, Ther­anos und FTX zei­gen, wie sys­te­ma­tisch wir uns täu­schen las­sen – und war­um das gefähr­li­che Fol­gen hat.


Es gibt einen Moment in der Unter­neh­mens­be­richt­erstat­tung, der sich mit fast schon komi­scher Regel­mä­ßig­keit wie­der­holt. Ein gefei­er­tes Unter­neh­men stürzt ab, die Akti­en­kur­se bre­chen ein – und wie auf Kom­man­do ent­de­cken Wirt­schafts­jour­na­lis­ten und Ana­lys­ten Schwä­chen, die schon immer da gewe­sen sein sol­len. Arro­ganz, wo ges­tern noch von Selbst­be­wusst­sein die Rede war. Grö­ßen­wahn, wo man eben noch visio­nä­re Kühn­heit pries. Plan­lo­sig­keit, wo zuvor bril­lan­te Stra­te­gie dia­gnos­ti­ziert wurde.

Was hier am Werk ist, trägt in der Psy­cho­lo­gie einen Namen: der Halo-Effekt. Ein ein­zel­nes her­vor­ste­chen­des Merk­mal – in die­sem Fall wirt­schaft­li­cher Erfolg – über­strahlt alles ande­re und färbt unse­re gesam­te Wahr­neh­mung ein. Erfolg­rei­che Unter­neh­men müs­sen zwangs­läu­fig inno­va­ti­ve Kul­tu­ren, visio­nä­re Füh­rungs­kräf­te und klu­ge Stra­te­gien haben. Anders lässt sich ihr Tri­umph nicht erklä­ren. Oder doch?

Die Meta­mor­pho­se der Cis­co Systems

Die Geschich­te von Cis­co Sys­tems liest sich wie eine Para­bel über die Will­kür der Wirt­schafts­be­richt­erstat­tung. Im Jahr 2000, auf dem Höhe­punkt der Dot­com-Eupho­rie, war Cis­co der leuch­ten­de Stern am Fir­ma­ment der New Eco­no­my. For­tu­ne und Busi­ness Week über­schlu­gen sich mit Lobes­hym­nen. Der Grund für den atem­be­rau­ben­den Erfolg? Das lag auf der Hand: CEO John Cham­bers, ein cha­ris­ma­ti­scher Visio­när. Die ein­zig­ar­ti­ge Unter­neh­mens­kul­tur, die Inno­va­ti­on und Kun­den­ori­en­tie­rung in per­fek­ter Balan­ce hielt. Die bril­lan­te Akqui­si­ti­ons­stra­te­gie, mit der Cis­co jun­ge Fir­men auf­kauf­te und naht­los inte­grier­te – “wie eine Wis­sen­schaft”, hieß es bewundernd.

Cis­co galt als Pro­to­typ des Unter­neh­mens des 21. Jahr­hun­derts, fokus­siert, dis­zi­pli­niert, sei­ner Zeit vor­aus. Manage­ment­gu­rus pil­ger­ten nach San José, um das Geheim­nis zu ergrün­den. Har­vard ver­fass­te Fall­stu­di­en. Alles schien auf eine neue Ära hin­zu­deu­ten, in der klas­si­sche Indus­trie­gi­gan­ten von wen­di­gen, technologiege…