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In einer Zeit rasan­ten Wan­dels reicht es nicht mehr, nur effi­zi­ent zu sein. Ban­ken brau­chen struk­tu­rel­le Beweg­lich­keit – die Fähig­keit, sich radi­kal neu zu erfin­den, bevor der Markt sie dazu zwingt. Die neue ach­te Dimen­si­on der Bank­stil-Theo­rie zeigt, wie sich Trans­for­ma­ti­ons­frei­heit sys­te­ma­tisch auf­bau­en lässt.


Die meis­ten Ban­ken glei­chen heu­te gut geöl­ten Maschi­nen: opti­miert für Effi­zi­enz, per­fekt an ihre Umge­bung ange­passt, aber starr wie ein Uhr­werk. Was pas­siert, wenn sich die­se Umge­bung plötz­lich ändert? Wenn neue Tech­no­lo­gien alte Geschäfts­mo­del­le obso­let machen, wenn Regu­lie­run­gen gan­ze Ertrags­säu­len weg­bre­chen las­sen, wenn sich Kun­den­be­dürf­nis­se radi­kal wandeln?

Die Ant­wort ist ernüch­ternd: Vie­le Ban­ken sind struk­tu­rell gefes­selt. Ihre recht­li­chen Kon­struk­tio­nen, IT-Archi­tek­tu­ren und Orga­ni­sa­ti­ons­for­men sind so eng mit dem bestehen­den Geschäfts­mo­dell ver­wo­ben, dass grund­le­gen­de Ver­än­de­run­gen prak­tisch unmög­lich wer­den. Sie kön­nen opti­mie­ren und anpas­sen – aber sie kön­nen sich nicht neu erfinden.

Die Fes­seln der Effizienz

Jahr­zehn­te­lang galt Effi­zi­enz als Königs­dis­zi­plin im Bank­ma­nage­ment. Schlan­ke­re Pro­zes­se, nied­ri­ge­re Kos­ten, höhe­re Auto­ma­ti­sie­rung – alles rich­tig, aber mit einem Haken: Je effi­zi­en­ter ein Sys­tem wird, des­to weni­ger beweg­lich wird es meist auch.

Red­un­dan­zen wer­den eli­mi­niert, Struk­tu­ren ver­schlankt, Abhän­gig­kei­ten geschaf­fen. Das Ergeb­nis sind Ban­ken, die in ihrem ange­stamm­ten Geschäft bril­lie­ren, aber unfä­hig sind, neue Wege zu gehen.

Die­se struk­tu­rel­le Unbe­weg­lich­keit wird zum exis­ten­zi­el­len Pro­blem, wenn sich die Rah­men­be­din­gun­gen ändern. Dann rächt sich jede eli­mi­nier­te Red­un­danz, jede geschaf­fe­ne Abhän­gig­keit, jede Struk­tur, die auf Dau­er­haf­tig­keit aus­ge­legt war.

Trans­for­ma­ti­ons­frei­heit als stra­te­gi­sche Ressource

Die ach­te Dimen­si­on der erwei­ter­ten Bank­stil-Theo­rie erfasst sys­te­ma­tisch die­se struk­tu­rel­le Beweg­lich­keit. Sie bewer­tet, wie frei eine Bank ist, sich zu trans­for­mie­ren – und zeigt kon­kre­te Instru­men­te auf, die­se Frei­heit auszubauen.

Trans­for­ma­ti­ons­frei­heit mani­fes­tiert sich in fünf Kernbereichen:

  1. Kön­nen Geschäfts­be­rei­che modu­lar ent­wi­ckelt und ver­än­dert werden?
  2. Erlau­ben recht­li­che und IT-Struk­tu­ren schnel­le stra­te­gi­sche Wendungen?
  3. Ist die Bank diver­si­fi­ziert genug, um von ein­zel­nen Seg­men­ten unab­hän­gig zu sein?
  4. Ste­hen aus­rei­chend Res­sour­cen für radi­ka­le Neu­aus­rich­tun­gen zur Verfügung?
  5. Und hat sie genug Zeit, um Ver­än­de­run­gen durchzuführen?

Von der Dia­gno­se zur Therapie

Das Revo­lu­tio­nä­re an der ach­ten Dimen­si­on liegt nicht nur in der Dia­gno­se, son­dern in der The­ra­pie. Statt nur fest­zu­stel­len “Die­se Bank ist struk­tu­rell gefes­selt”, zeigt sie kon­kre­te Schrit­te auf: “So kann sich die­se Bank sys­te­ma­tisch befreien.”

Die Instru­men­te sind viel­fäl­tig und müs­sen klug ein­ge­setzt werden.

  • Geschäfts­mo­del­le las­sen sich modu­la­ri­sie­ren, sodass ein­zel­ne Berei­che unab­hän­gig ent­wi­ckelt oder abge­sto­ßen wer­den können.
  • Recht­li­che Struk­tu­ren kön­nen für schnel­le Pivots opti­miert werden
  • Hol­dings und Toch­ter­ge­sell­schaf­ten schaf­fen neue Handlungsräume.
  • IT-Archi­tek­tu­ren kön­nen so gestal­tet wer­den, dass Geschäfts­be­rei­che modu­lar an- und abge­dockt wer­den können.

Beson­ders wich­tig ist die sys­te­ma­ti­sche Diver­si­fi­zie­rung der Kun­den­ba­sis. Ban­ken, die von spe­zi­fi­schen Regio­nen, Bran­chen oder Kun­den­seg­men­ten abhän­gig sind, haben wenig Bewe­gungs­frei­heit. Wer hin­ge­gen ver­schie­de­ne geo­gra­fisch und wirt­schaft­lich unab­hän­gi­ge Seg­men­te bedient, kann bei Ver­än­de­run­gen fle­xi­bel reagieren.

Zeit-Arbi­tra­ge nutzen

Ein ent­schei­den­der Punkt ist das Timing: Trans­for­ma­ti­ons­frei­heit muss in sta­bi­len Zei­ten auf­ge­baut wer­den, nicht erst in der Kri­se. In ruhi­gen Pha­sen soll­ten Ban­ken pro­ak­tiv in Fle­xi­bi­li­tät inves­tie­ren, statt nur die Effi­zi­enz zu stei­gern. Die­se “Frie­dens­zeit-Inves­ti­tio­nen” zah­len sich aus, wenn der Wind dreht.

Kon­ti­nu­ier­li­che Stress­tests der eige­nen Beweg­lich­keit hel­fen dabei:

  • Wie schnell könn­te die Bank aus einem Geschäfts­feld aussteigen?
  • Wie rasch könn­te sie in einen neu­en Markt eintreten?
  • Wie fle­xi­bel ist sie bei der Neu­al­lo­ka­ti­on von Ressourcen?

Bank­typ-spe­zi­fi­sche Ansätze

Die Instru­men­te müs­sen dif­fe­ren­ziert ein­ge­setzt wer­den. Spar­kas­sen kön­nen ihre regio­na­le Ver­an­ke­rung mit über­re­gio­na­ler Diver­si­fi­zie­rung kom­bi­nie­ren – digi­ta­le Geschäfts­fel­der schaf­fen geo­gra­fi­sche Ent­kopp­lung, ohne die loka­len Wur­zeln zu kap­pen. Genos­sen­schafts­ban­ken müs­sen demo­kra­ti­sche Struk­tu­ren mit stra­te­gi­scher Agi­li­tät ver­bin­den, etwa durch modu­la­re Abstim­mungs­ver­fah­ren für schnel­le Entscheidungen.

Regio­nal­ban­ken kön­nen loka­le Kun­den­nä­he mit geo­gra­fi­scher Risi­ko­streu­ung ver­knüp­fen – Fran­chise-Model­le oder stra­te­gi­sche Part­ner­schaf­ten eröff­nen neue Märk­te, ohne die regio­na­le Iden­ti­tät zu gefährden.

Die wich­tigs­ten Gesprä­che führen

Am wir­kungs­volls­ten ent­fal­tet sich die erwei­ter­te Bank­stil-Theo­rie als Gesprächs­leit­fa­den für Füh­rungs­teams. Die ent­schei­den­den Fra­gen sind dabei:

  • Wie beweg­lich sind wir wirklich?
  • Wel­che struk­tu­rel­len Fes­seln hin­dern uns an radi­ka­len Anpassungen?
  • Wel­che Instru­men­te kön­nen unse­re Trans­for­ma­ti­ons­frei­heit ausbauen?
  • Sind die von uns ange­streb­ten Ent­wick­lungs­pfa­de tat­säch­lich umsetzbar?

Die­se Refle­xi­on führt zu einem rea­lis­ti­schen Bild der eige­nen Hand­lungs­op­tio­nen – und zeigt auf, wo Hand­lungs­be­darf besteht.

Ein Werk­zeug für beweg­li­che Führungskräfte

Am Ende ist die erwei­ter­te Bank­stil-Theo­rie das, was Füh­rungs­kräf­te dar­aus machen. Sie kann als star­res Mess­li­ne­al für vor­ge­ge­be­ne Stan­dards die­nen – oder als fle­xi­bler Trans­for­ma­ti­ons­rah­men für stra­te­gi­sche Ent­wick­lung. Ihre größ­te Kraft ent­fal­tet sie nicht in der Bewer­tung, son­dern im Pro­zess des gemein­sa­men Nach­den­kens über die Zukunft der eige­nen Bank.

Die wich­tigs­te Erkennt­nis: Ver­schie­de­ne Wege zum Erfolg sind mög­lich – aber nur für Ban­ken mit aus­rei­chen­der Trans­for­ma­ti­ons­frei­heit. Die­se Frei­heit ist nicht gege­ben, son­dern muss sys­te­ma­tisch auf­ge­baut und erhal­ten wer­den. In Zei­ten schnel­len Wan­dels wird die Fähig­keit zur struk­tu­rel­len Beweg­lich­keit zum ent­schei­den­den Wettbewerbsvorteil.

Wer heu­te nur auf Effi­zi­enz setzt, opti­miert für eine Welt, die mor­gen viel­leicht nicht mehr exis­tiert. Wer hin­ge­gen Trans­for­ma­ti­ons­frei­heit auf­baut, schafft die Vor­aus­set­zung dafür, in jeder Welt erfolg­reich zu sein.