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Der Biologe Francisco Varela entlarvte eine der größten Illusionen unserer Zeit: dass Evolution ein zielgerichteter Optimierungsprozess sei. Tatsächlich prosperieren Millionen von Arten nicht durch perfekte Anpassung, sondern durch das schlichte Erfüllen von Mindestanforderungen in ihrer jeweiligen Nische. Diese revolutionäre Erkenntnis stellt auch unser Verständnis von erfolgreichem Banking auf den Kopf: Warum das deutsche Drei-Säulen-Modell kein ineffizienter Anachronismus ist, sondern evolutionäre Weisheit verkörpert – und weshalb die Jagd nach dem “optimalen” Bankstil in die Irre führt.
In den Chefetagen deutscher Banken herrscht eine merkwürdige Obsession: die Suche nach dem perfekten Geschäftsmodell. Consultants predigen “Best Practices”, Vorstände studieren erfolgreiche FinTechs, und Regulierer fordern Angleichung an internationale Standards. Alle scheinen überzeugt, dass es irgendwo da draußen die eine optimale Form des Bankings gibt – man muss sie nur finden und kopieren. Doch diese Suche nach der perfekten Anpassung könnte der größte strategische Irrtum unserer Zeit sein. Denn die Natur selbst zeigt uns einen anderen Weg: nicht die Jagd nach Perfektion macht Systeme stark, sondern die Kultivierung authentischer Vielfalt.
Die Illusion der optimalen Lösung
Francisco Varela, der chilenische Biologe und Philosoph, durchbrach mit einer radikalen Erkenntnis das herrschende Evolutionsverständnis. Evolution, so zeigte er, ist kein zielgerichteter Optimierungsprozess, der immer bessere, effizientere, angepasstere Lösungen hervorbringt. Stattdessen ist sie ein offener, vielfältiger Drift, bei dem unzählige Wege parallel existieren können. Viele Arten haben sich über Millionen von Jahren kaum verändert – nicht weil sie perfekt sind, sondern weil sie ihre Mindestanforderungen erfüllen und damit viable, lebensfähig bleiben.
Diese Einsicht ist revolutionär, weil sie unser gesamtes Verständnis von Erfolg und Entwicklung in Frage stellt. Wenn selbst die Natur nicht nach Perfektion strebt, warum sollten es dann menschliche Organisationen tun? Wenn biologische Systeme durch Vielfalt und Selbstorganisation prosperieren, warum zwingen wir Banken in die Zwangsjacke einheitlicher “optimaler” Geschäftsmodelle?