Von Ralf Keuper
Wer hätte das gedacht: Das schnöde Geld hat eine poetische Ader. Dieser Ansicht ist jedenfalls Stephan Eich, der in der SZ vom 22.01.2015 seinen Gedanken in dem Beitrag Die Poetik des Geldes freien Lauf lässt. Eich rät uns darin, die durch die jüngsten Aktionen der Zentralbank ausgelöste “Geldschwemme” mit Gelassenheit zu sehen. Zur Begründung bemüht er die Geschichte:
Schon 1797 reagierten die meisten Beobachter auf die Aufhebung der Goldbindung mit Panik und Schwarzmalerei. Doch als die erwartete Katastrophe ausblieb, wurde die poetische Kraft des neuen Geldes sichtbar. Auf einmal war Geld nicht mehr bloß ein Haufen glänzendes Metall, sondern ein sprachähnliches Medium, das auf menschlicher Übereinkunft beruht. Novalis erkannte diese Analogie zwischen Geld und Sprache als einer der Ersten, als er von der “Poetisierung der Finanzwissenschaften sprach”. Wie Jean-Claude Trichet, Mario Draghis Vorgänger an der Spitze der Europäischen Zentralbank, einmal überspitz anmerkte, hat modernes Geld mehr mit Dichtung gemein, als wir oft annehmen.
Das dürfte manch einem die Sprache verschlagen 😉
Eine etwas andere Herangehensweise an das Thema wählte der Literatur- und Kulturwissenschaftler Joseph Vogl in seiner Schrift Das Gespenst des Kapitals. In einem Interview mit 3Sat Kulturzeit im Jahr 2011 äußerte sich Vogl zur Eurokrise. Paradoxerweise wird durch die Krise, so Vogl, die These der Selbstsozialisierung des Kapitals von Karl Marx bestätigt.
Neben der poetischen darf auch die psychologische Komponente beim Thema Geld nicht unterschätzt werden.
Dem Thema Geld mit den Stilmitteln des Poeten genähert, hat sich Michael Ende:
“Das Geld vermag alles!” rief der Prediger, “es verbindet die Menschen miteinander durch Geben und Nehmen, es kann alles in alles verwandeln, Geist in Stoff und Stoff in Geist, Steine macht es zu Brot und schafft Werte aus dem Nichts, es zeugt sich selbst in Ewigkeit, es ist allmächtig, es ist die Gestalt, in der Gott unter uns weilt, es ist Gott! Wo alle sich an allen bereichern, das werden am Ende alle reich! Und wo alle auf Kosten aller reich werden, da zahlt keiner die Kosten! Wunder aller Wunder! Und wenn ihr fragt, liebe Gläubige, woher kommt all dieser Reichtum? Dann sage ich euch: Es kommt aus dem zukünftigen Profit seiner selbst! Sein eigener zukünftiger Nutzen ist es, den wir jetzt schon genießen! Je mehr jetzt da ist, desto größer ist der zukünftige Profit, desto mehr ist wiederum jetzt da. So sind wir unsere eigenen Gläubiger und unsere eigenen Schuldner in Ewigkeit, und wir vergeben uns unsere Schulden, Amen!” (in: Der Spiegel im Spiegel)
Dann kann ja eigentlich nichts mehr schief gehen 😉