|
Getting your Trinity Audio player ready...
|
Raisin wirkt operativ solide unterwegs, aber das Zahlenbild ist deutlich vom Zinsumfeld und einem einmaligen Steuereffekt geprägt, nicht von einem „durchmarschierten” Geschäftsmodell.
Die Berliner Zinsplattform Raisin präsentiert für das Geschäftsjahr 2024 Zahlen, die auf den ersten Blick beeindrucken: Das Ebitda steigt um 69 Prozent auf 34 Millionen Euro, der Umsatz wächst um 50 Prozent auf 237 Millionen Euro. Das Plattformmodell skaliert offensichtlich gut in einem Hochzinsumfeld. Wachsende Kundenzahlen und steigende Anlagevolumina, vor allem im Kerngeschäft der Tages- und Festgeldvermittlung, treiben die Entwicklung. Ergänzend baut Raisin das ETF-Sparplangeschäft aus. Mit einer Bewertung von über zwei Milliarden Euro bleibt das Unternehmen eines der wertvollsten deutschen Fintechs und gilt als aussichtsreicher Kandidat für einen Börsengang ab etwa 2026. Die Positionierung als Zinsbroker erweist sich in einer Phase als vorteilhaft, in der klassische Banken bei der Weitergabe von Sparzinsen zurückhaltend agieren.
Wer allerdings unter die Oberfläche der Erfolgsmeldungen blickt, stößt auf ein differenzierteres Bild.
Dem Nachsteuergewinn von 29,4 Millionen Euro steht ein Vorsteuerverlust von 1,3 Millionen Euro gegenüber. Die Differenz erklärt sich durch einen positiven Steuerertrag von gut 30 Millionen Euro aus aktivierten Verlustvorträgen. Der ausgewiesene Jahresüberschuss ist damit bilanziell aufgehübscht, während das operative Niveau eher im Bereich eines knappen Break-even vor Steuern liegt. Raisin selbst stellt das Ebitda als Steuerungsgröße in den Vordergrund und verweist auf hohe Abschreibungen aus früheren IT- und Plattforminvestitionen. Für eine langfristige Bewertung sollte jedoch konsequent auf Cashflow und Ertragskraft nach Steuern ohne Sondereffekte geachtet werden, insbesondere falls die Zinsmarge auf Kundeneinlagen wieder schrumpft.
Strategisch aufschlussreich ist der Rückzug aus dem Factoring- und „Banklizenz-as-a-Service”-Geschäft der Raisin Bank, der Wertberichtigungen von 19 Millionen Euro ausgelöst hat. Raisin trennt sich damit bewusst von einem regulierungsintensiven Modell, das andere Anbieter wie So…
