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Das deut­sche Ban­ken­sys­tem gilt vie­len als Relikt aus ver­gan­ge­nen Zei­ten – zu frag­men­tiert, zu schwer­fäl­lig, zu wenig inno­va­tiv. Doch die Bank­stil-Theo­rie offen­bart eine ande­re Wahr­heit: Die drei Säu­len reprä­sen­tie­ren nicht nur ver­schie­de­ne Eigen­tums­for­men, son­dern drei fun­da­men­tal ver­schie­de­ne Phi­lo­so­phien des Bank­ge­schäfts. Ein Essay über struk­tu­rel­le Viel­falt als ver­steck­ten Trumpf in der digi­ta­len Transformation.


Wer die deut­sche Ban­ken­land­schaft von außen betrach­tet, sieht zunächst ein Sys­tem schein­ba­rer Inef­fi­zi­enz. Wäh­rend ande­re Län­der ihre Märk­te um weni­ge gro­ße Play­er kon­so­li­diert haben, beharrt Deutsch­land auf einem drei­ge­teil­ten Modell, das Kri­ti­ker als his­to­ri­schen Bal­last bezeich­nen. Pri­vat­ban­ken kon­kur­rie­ren mit öffent­lich-recht­li­chen Spar­kas­sen und genos­sen­schaft­li­chen Insti­tu­ten in einem Wett­be­werb, der durch unter­schied­li­che Refi­nan­zie­rungs­kos­ten, regu­la­to­ri­sche Pri­vi­le­gi­en und gesell­schaft­li­che Auf­trä­ge ver­zerrt scheint. Doch die­se ober­fläch­li­che Betrach­tung über­sieht eine tie­fe­re Wahr­heit: Das Drei-Säu­len-Modell ist nicht nur eine insti­tu­tio­nel­le Eigen­art, son­dern die Ver­kör­pe­rung drei­er fun­da­men­tal ver­schie­de­ner Bank­sti­le – und mög­li­cher­wei­se gera­de des­halb ein stra­te­gi­scher Vor­teil in einer zuneh­mend frag­men­tier­ten Wirtschaft.

Ers­te Säu­le: Der Markt als Maß­stab aller Dinge

Die deut­sche Pri­vat­ban­ken­land­schaft ver­kör­pert den Pro­to­typ markt­ge­trie­be­nen Ban­kings. Hier regie­ren Share­hol­der Value, Quar­tals­zah­len und die uner­bitt­li­che Logik der Kapi­tal­ef­fi­zi­enz. Deut­sche Bank, Com­merz­bank und ihre klei­ne­ren Geschwis­ter haben sich über Jahr­zehn­te an inter­na­tio­na­len Vor­bil­dern ori­en­tiert, glo­ba­le Geschäfts­mo­del­le adap­tiert und sich dem angel­säch­si­schen Kapi­tal­markt­den­ken unterworfen.

Die­ser Bank­stil zeigt sei­ne Stär­ken in der Anpas­sungs­fä­hig­keit: Pri­vat­ban­ken kön­nen schnell auf Markt­ver­än­de­run­gen reagie­ren, inter­na­tio­na­le Trends adap­tie­ren und inno­va­ti­ve Pro­duk­te ent­wi­ckeln. Ihre Struk­tu­ren sind auf Fle­xi­bi­li­tät aus­ge­legt, ihre Ent­schei­dungs­we­ge kurz, ihre Risi­ko­be­reit­schaft hoch. In der digi­ta­len Trans­for­ma­ti­on erwei­sen sie sich als Vor­rei­ter – nicht aus Über­zeu­gung, son­dern aus Überlebensdruck.

Doch die­ser Stil hat sei­nen Preis. Die Ori­en­tie­rung an kurz­fris­ti­gen Gewin­nen führt zu Vola­ti­li­tät in der Strategi…