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Das südkoreanische Bankwesen spiegelt in seinen Führungspersönlichkeiten die außergewöhnliche ökonomische Transformation des Landes wider. Von den Aufbaujahren des „Wunders am Han-Fluss” bis zur heutigen Integration in globale Finanzmärkte haben koreanische Banker nicht nur Geld verwaltet, sondern Wirtschaftsgeschichte geschrieben.
Die gegenwärtige Élite des Sektors verkörpert diese Kontinuität der Modernisierung. Yoon Jong-kyoo steht als Vorstandsvorsitzender der KB Financial Group an der Spitze einer der mächtigsten Finanzgruppen des Landes und repräsentiert jene Generation von Managern, die koreanische Banken zu international wettbewerbsfähigen Institutionen entwickelt haben. Ähnlich prägen Kim Jung-tai von der Hana Financial Group und Cho Yong-byoung von Shinhan Financial Group das Bild einer professionellen, globalisierten Bankenwelt. Son Tae-seung führt die Woori Financial Group durch eine Zeit, in der private und staatliche Interessen im Bankensektor neu austariert werden müssen. Lee Dong-gull wiederum verkörpert als früherer Chairman der Korea Development Bank jene strategische Dimension des Bankwesens, die über reine Gewinnmaximierung hinausgeht und industriepolitische Verantwortung trägt.
Diese zeitgenössischen Figuren stehen jedoch auf den Schultern von Vorgängern, deren Namen außerhalb Koreas kaum bekannt sind, deren Wirken aber fundamental war. Kim Seong-tae prägte als Präsident der Bank of Korea in den 1980er Jahren die Geldpolitik während einer Phase beschleunigten industriellen Wachstums. Seine Entscheidungen mussten den schwierigen Balanceakt zwischen Inflationskontrolle und Wachstumsförderung bewältigen, als Südkorea seine Exportorientierung perfektionierte.
Kim Yong-ik verkörpert einen anderen, ebenso wesentlichen Typus: den Banker als Industriearchitekten. Als Geschäftsführer der Korea Development Bank orchestrierte er in den 1970er und 1980er Jahren die Finanzierung jener Schwerindustrien und Großkonzerne, die später als Chaebols weltbekannt werden sollten. Nam Sang-keun wiederum erschloss bei der Kookmin Bank neue Kundensegmente und demokratisierte den Zugang zu Finanzdienstleistungen, als er Wohnungsbaufinanzierungen und Privatkundengeschäfte ausbaute. Jeon Young-seon schließlich widmete sich bei der Industrial Bank of Korea systematisch der Finanzierung kleiner und mittlerer Unternehmen – jener oft übersehenen Säule der Exportwirtschaft.
Diese Banker der früheren Jahrzehnte agierten in einem grundlegend anderen Umfeld. Das koreanische Bankwesen war bis in die 1990er Jahre stark staatlich dirigiert, die Kreditvergabe folgte nationalen Entwicklungszielen mehr als Marktlogik. Banker waren Vollstrecker einer Wirtschaftspolitik, die gezielt Branchen und Unternehmen förderte. Ihre Professionalität bestand weniger in der Risikoanalyse nach internationalen Standards als in der Umsetzung nationaler Strategien.
Die Asienkrise 1997⁄98 markierte eine Zeitenwende. Die Überschuldung vieler Banken und Unternehmen zwang zu radikalen Reformen. Aus staatsnahen Finanzbeamten wurden Manager nach westlichem Vorbild, die Eigenkapitalquoten, Risikomanagement und Shareholder Value verinnerlichten. Die heutigen Spitzenbanker sind Produkte dieser Transformation: Sie navigieren zwischen internationalen Finanzstandards und lokalen Besonderheiten, zwischen Profitorientierung und gesellschaftlicher Verantwortung.
Auffällig bleibt die institutionelle Kontinuität: Kookmin Bank, Hana Bank, Shinhan Bank und Woori Bank dominieren seit Jahrzehnten, flankiert von staatlichen Spezialinstituten wie der Korea Development Bank. Diese Stabilität der Strukturen bei gleichzeitigem Wandel der Praktiken charakterisiert den koreanischen Finanzsektor. Die Banker an ihrer Spitze sind weniger individuelle Visionäre als vielmehr disziplinierte Verwalter eines kollektiven Aufstiegsprojekts.
Auch die Bank of Korea und ihre Präsidenten spielen eine besondere Rolle in dieser Geschichte. Als Notenbank musste sie den Spagat zwischen staatlicher Lenkung und geldpolitischer Unabhängigkeit meistern. Ihre Führungspersönlichkeiten waren oft unsichtbare Architekten jener makroökonomischen Stabilität, die überhaupt erst ermöglichte, dass Geschäftsbanken und Entwicklungsbanken ihre Rolle erfüllen konnten.
Internationale Investmentbanken und Finanzinstitute haben vereinzelt koreanische Banker für lokale Positionen rekrutiert und damit Wissenstransfer in beide Richtungen gefördert. Diese Persönlichkeiten bilden Brücken zwischen dem historisch gewachsenen koreanischen System und globalen Finanzpraktiken.
Die Geschichte der koreanischen Banker ist letztlich die Geschichte einer Wirtschaft, die in wenigen Generationen von kriegszerstörter Armut zu technologischer Spitzenstellung aufstieg. Die Banker waren dabei mehr als Finanzexperten – sie waren Ermöglicher, Umsetzer und Garanten eines nationalen Projekts, das in seiner Geschwindigkeit und seinem Erfolg bis heute außergewöhnlich bleibt.