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Seit über 50 Jahren folgen die Krisen deutscher Volksbanken einem erschreckend ähnlichen Muster: Größenwahn, riskante Geschäfte, Organisationsversagen, externe Rettung. Von den Skandalen der 1970er bis zu den Fintech-Desastern von heute – die Geschichte wiederholt sich mit fataler Regelmäßigkeit. Ein Essay über systemische Schwächen, menschliche Hybris und die Frage, warum aus Fehlern nie gelernt wird.
Es ist ein Déjà-vu von erschreckender Präzision: Ein Volksbank-Vorstand verliert die Bodenhaftung, stürzt sich in riskante Geschäfte jenseits des angestammten Territoriums und führt sein Institut an den Rand des Ruins. Die Rettung erfolgt durch den Bundesverband, begleitet von moralischen Ermahnungen und dem Versprechen, aus den Fehlern zu lernen. Doch nur wenige Jahre später beginnt das Spiel von neuem – mit anderen Akteuren, aber nach identischem Drehbuch.
Die jüngsten Fälle sprechen eine deutliche Sprache: Die Volksbank Reinheim vergibt Millionen an riskante Fintech-Start-ups, die Volksbank Düsseldorf Neuss verliert 100 Millionen Euro durch Betrug, die VR-Bank Bad Salzungen versucht sich als Fußball-Finanzierer. All diese Geschichten fügen sich nahtlos ein in eine Chronik des Scheiterns, die bereits in den 1970er Jahren ihren Anfang nahm.
Die Anatomie eines Kreislaufs
Das Muster ist so vorhersagbar wie ein Uhrwerk. Am Anfang steht meist ein Manager, der sich berufen sieht zu Höherem. Das regionale Kreditgeschäft, die Finanzierung des örtlichen Handwerkers, die Baufinanzierung für junge Familien – all das erscheint ihm plötzlich zu klein, zu provinziell, zu wenig glamourös. “Mit dem langweiligen Brot- und Buttergeschäft sind keine Schlagzeilen zu machen”, wie es im zitierten Text treffend heißt.
So war es bei Horst Bloett aus dem fränkischen Alzenau, der in den 1980er Jahren britische Kanonenboote und irische Campingwagen finanzierte. So war es bei Stefan Siebert von der “Effenberg-Bank” in Bad Salzungen, der Gesundheitskliniken betrieb und Windparks finanzierte. Und so ist es heute bei den Managern in Reinheim, die sich als Fintech-Versteher inszenieren und dabei übersehen, dass sie längst den sicheren Boden des Bewährten verlassen haben.
Die zweite Phase ist geprägt von systematischem Kontrollversagen. Die organ…