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Als Dani­el Bell 1973 sei­ne Theo­rie der post­in­dus­tri­el­len Gesell­schaft ent­wi­ckel­te, gab es weder Inter­net noch Smart­phones, weder Goog­le noch ChatGPT. Den­noch beschrieb der ame­ri­ka­ni­sche Sozio­lo­ge mit erstaun­li­cher Prä­zi­si­on nicht nur die Grund­struk­tu­ren unse­rer heu­ti­gen Wis­sens­öko­no­mie, son­dern auch das Kon­zept der „intel­lek­tu­el­len Tech­no­lo­gien” – jene metho­di­schen Sys­te­me zur Wis­sens­ver­ar­bei­tung, die heu­te als Mul­ti­agen­ten­si­mu­la­ti­on und ver­teil­te KI unse­re Gesell­schaft durch­drin­gen. Sei­ne zen­tra­le The­se: Nicht ein­zel­ne Tech­no­lo­gien, son­dern ein fun­da­men­ta­ler Wan­del in der Art, wie Wis­sen kol­lek­tiv erzeugt und ange­wen­det wird, trans­for­miert die Gesell­schaft. Ein Blick zurück zeigt, wie visio­när sei­ne Ana­ly­se der „Spie­le zwi­schen Per­so­nen” war – und wel­che Gefah­ren er übersah.

In einer Zeit, als Com­pu­ter noch gan­ze Räu­me füll­ten und das Inter­net eine fer­ne Zukunfts­vi­si­on war, ent­warf Dani­el Bell bereits das Bild einer Gesell­schaft, die uns heu­te ver­traut vor­kommt. Sei­ne 1973 for­mu­lier­te Theo­rie der post­in­dus­tri­el­len Gesell­schaft wirkt rück­bli­ckend wie eine Blau­pau­se für das digi­ta­le Zeit­al­ter – nicht weil er kon­kre­te Tech­no­lo­gien vor­her­sag­te, son­dern weil er die tie­fer­lie­gen­den struk­tu­rel­len Ver­än­de­run­gen erkann­te, die unse­re Welt prä­gen würden.


Die fünf Dimen­sio­nen des Wandels

Bell iden­ti­fi­zier­te fünf zen­tra­le Dimen­sio­nen, ent­lang derer sich die post­in­dus­tri­el­le Gesell­schaft ent­wi­ckeln wür­de. Sei­ne Pro­gno­sen lesen sich heu­te wie eine Bestands­auf­nah­me der Gegen­wart: Der wirt­schaft­li­che Schwer­punkt soll­te sich von der Indus­trie zu Dienst­leis­tun­gen ver­schie­ben – eine Ent­wick­lung, die in allen OECD-Staa­ten ein­ge­tre­ten ist, wo Dienst­leis­tun­gen heu­te den größ­ten Anteil am Brut­to­in­lands­pro­dukt ausmachen.

Die Berufs­struk­tur soll­te sich hin zu Wis­sens- und Exper­ten­be­ru­fen wan­deln. Tat­säch­lich sind Infor­ma­ti­ker, Data Sci­en­tists, Bio­tech­no­lo­gen und Ana­lys­ten zu den Leit­fi­gu­ren der moder­nen Arbeits­welt gewor­den, wäh­rend klas­si­sche Indus­trie­ar­bei­ter kon­ti­nu­ier­lich an Bedeu­tung ver­lo­ren haben. Was Bell als „axia­les Prin­zip” bezeich­ne­te – die Domi­nanz theo­re­ti­schen Wis­sens als Inno­va­ti­ons­trei­ber – mani­fes­tiert sich heu­te in der Art, wie Algo­rith­men, mathe­ma­ti­sche Model­le und wis­sen­schaft­li­che Theo­rien den tech­no­lo­gi­schen Fort­schritt bestimm…