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Ban­ken han­deln mit Zah­lungs­ver­spre­chen und trans­for­mie­ren Risi­ken – so ihre klas­si­sche Funk­ti­on nach Niklas Luh­mann. Doch 2025 gerät die­se Rol­le fun­da­men­tal unter Druck: Gene­ra­ti­ve KI ver­än­dert die Natur der Risi­ko­ver­ar­bei­tung selbst, die Platt­form­öko­no­mie und Big Tech über­neh­men die Kun­den­schnitt­stel­le, und im Zah­lungs­ver­kehr haben Pay­Pal & Co. längst die Stan­dards gesetzt. Ein Bei­trag über eine Bran­che, die vom Inter­me­di­är zum Inter­me­di­ier­ten wur­de – und ver­zwei­felt um ihre funk­tio­na­le Auto­no­mie kämpft.


Das Geschäft mit der Unsicherheit

Für den Sozio­lo­gen Niklas Luh­mann bestand das eigent­li­che Geschäft der Ban­ken nie im blo­ßen Ver­mit­teln zwi­schen Spa­rern und Inves­to­ren. Ihre zen­tra­le Funk­ti­on liegt viel­mehr in der Risi­ko­ver­ar­bei­tung: der Umwand­lung von Risi­ken in Risi­ken ande­ren Zuschnitts. Die­se Risi­ko­trans­for­ma­ti­on sorgt dafür, dass der Wirt­schafts­kreis­lauf nicht zum Erlie­gen kommt. Zah­lungs­aus­fäl­le ein­zel­ner Akteu­re kön­nen auf­ge­fan­gen wer­den, ohne dass der gesam­te Wirt­schafts­mo­tor ins Sto­cken gerät.

Letzt­end­lich han­deln Ban­ken mit Zah­lungs­ver­spre­chen: einer­seits mit jenen, die sie ihren Kun­den geben (Ein­la­gen), ande­rer­seits mit den Zah­lungs­ver­spre­chen der Kun­den ihnen gegen­über (Kre­di­te). Ent­schei­dend ist der Zeit­fak­tor – Ban­ken las­sen sich Geld geben gegen das Ver­spre­chen, es künf­tig zurück­zu­zah­len, und nut­zen die Zeit­span­ne, um ihrer­seits Geld aus­zu­lei­hen. Die Finanz­kri­se von 2008 zeig­te die Fra­gi­li­tät die­ses Sys­tems: Sobald sich Ban­ken unter­ein­an­der nicht mehr zutrau­en, ihre Zah­lungs­ver­spre­chen ein­lö­sen zu kön­nen, kol­la­biert der Interbankenmarkt.

Doch selbst das bes­te Risi­ko­ma­nage­ment, so Luh­mann, kann kei­ne Sicher­heit garan­tie­ren, son­dern nur den best­mög­li­chen Umgang mit Unsi­cher­heit. Eine gol­de­ne Regel bleibt gül­tig: Man kann kei­ne gro­ßen Gewin­ne erwar­ten, ohne das Risi­ko gro­ßer Ver­lus­te ein­zu­ge­hen. Risi­ken las­sen sich nur in Risi­ken ande­ren Zuschnitts umwan­deln, nicht in voll­stän­di­ge Sicherheit.

Ope­ra­ti­ve Schlie­ßung und das Pro­blem der Selbstreproduktion

Luh­manns Begriff der ope­ra­ti­ven Schlie­ßung mar­kiert eine zen­tra­le Her­aus­for­de­rung: Ein Sys­tem kann nur im Kon­text eige­ner Ope­ra­tio­nen ope­rie­ren und ist dabei auf selbst erzeug­te Struk­tu­ren ange­wie­sen. Für Ban­ken bedeu­tet dies kon­kret: Sie tref­fen Ent­schei­dun­gen auf Basis ihres Daten- und Infor­ma­ti­ons­be­stan­des, und die­se Ent­schei­dun­gen repro­du­zie­ren sich selbst – neue Ent­schei­dun­gen set­zen auf vor­he­ri­gen auf.

Die eigent­li­che Gefahr liegt in der Lücken­haf­tig­keit die­ser Daten­ba­sis. Über fünf­zehn Jah­re nach der Finanz­kri­se machen die meis­ten Ban­ken wei­ter­hin nur mar­gi­na­le Fort­schrit­te bei effek­ti­ver Risi­ko­da­ten­ag­gre­ga­ti­on. Das Pro­blem ist nicht nur tech­nisch – unge­klär­te Ver­ant­wort­lich­kei­ten, unein­heit­li­che Defi­ni­tio­nen, man­geln­de Daten­qua­li­tät –, son­dern prin­zi­pi­ell: Ver­fü­gen Ban­ken über­haupt noch über die Infor­ma­tio­nen, die sie zur Risi­ko­be­wer­tung benö­ti­gen? Mit Blick auf das immense Daten­vo­lu­men außer­halb ihrer Reich­wei­te s…