Von Ralf Keuper
Von den Veränderungen an der Benutzeroberfläche, wie sie vor allem durch das Smartphone repräsentiert werden, sind auch die Hersteller von Core Banking – Lösungen betroffen. Wie können die Hersteller mit der Entwicklung noch Schritt halten, die in Richtung Real-Time – Verarbeitung verläuft? Wie sollen sich Misys, Temenos & Co angesichts der Verbreitung der Blockchain-Technologie positionieren?
Die Hersteller von Core Banking – Lösungen teilen in gewisser Weise das Schicksal der Banken – beide bewegen sich noch vorwiegend in den Kategorien der alten Welt (Legacy), als es ausreichte, die Systeme nach Sparten, wie Spar, Kredit, Wertpapier und KK, auszurichten. Zwar wird von fast allen Herstellern die Hinwendung zum Customer Centric Banking oder zum Omni Channel Banking hervorgehoben – häufig endet das aber damit, dass auf die bestehende Systeme weitere Online-Schichten gelegt werden. Der komplette Umbau ist dagegen eine Herkulesaufgabe, die Jahre in Anspruch nimmt. Wer es richtig machen will, kommt eigentlich nicht um einen Neubau auf der grünen Wiese herum, wie das Avaloq und Temenos weitgehend vorgemacht haben.
Aber auch das ist keine Erfolgsgarantie, wenn sich neue Technologien durchsetzen, wie die Cloud, Open APIs und die Blockchain.
Einige Anbieter, wie Finacle, experimentieren bereits mit der Blockchain-Technologie. Dieser Schritt ergibt Sinn, da das Herzstück eines Kernbankensystems das Hauptbuch (General Ledger) und der Buchungskern (Booking Engine) sind. Wenn es gelingt, die Booking Engine und die unterstützenden Prozesse (Transaktionsverarbeitung) mit der Blockchain abzubilden, dann ist die Grundlage für weitere Verbesserungen, u.a. durch APIs, geschaffen. Andere Hersteller, wie Mambu, setzten von Beginn an auf die Cloud-Technologie. Mittlerweile gehen auch die klassischen Hersteller, wie Misys, in die Cloud.
Noch einen Schritt weiter geht Corezoid, wie es in New Core Alternative: Runs in the Cloud, Built by a Bank heisst. Dabei handelt es sich wohl weniger um eine “echte” bzw. herkömmliche Core Banking – Lösung, sondern um einen Werkzeugkasten, mit dessen Hilfe sich die Bankprozesse abbilden und an neue Geschäftsabläufe anpassen lassen. Kernstück ist der “Digital Core” bzw. die Corezoid Process Engine. Letztere beinhaltet u.a. Algorithmic properties. Dazu heisst es auf der Homepage:
The property of algorithmic completeness has a somewhat academic nature. It is said that a programming system is algorithmically complete if any algorithm defined in an a priori complete programming system may also be defined in the system under consideration. The main procedure to prove algorithmic completeness is to use the means of programming system under consideration in order to build the interpreter of an a priori complete system. A Turing machine is considered an algorithmically complete model.
Das ist schon sehr anspruchsvoll. Auf alle Fälle haben sich die Macher einiges dabei gedacht.
Währenddessen müssen sich die etablierten Hersteller anderen Herausforderungen stellen, wie Avaloq mit Arizon, der neuen IT-Plattform von Raiffeisen. Die Geschäftsentwicklung von Avaloq verlief zuletzt uneinheitlich, wie in Avaloq vermeldet “Rekordjahr”, aber… zu lesen ist. Der größte B‑Source-Kunde von Avaloq, BSI, wird bis Ende 2017 auf Temenos migrieren. Für die Vertragskündigung fordert Avaloq von BSI nun eine Entschädigung von 90 Millionen Franken.
Einige Marktbeobachter gehen davon aus, dass die etablierten Hersteller von Core Banking – Lösungen in den nächsten Jahren von Fintech-Startups in die Zange genommen werden.
American Banker nennt neben Corezoid noch weitere Herausforderer, wie Nymbus und nCino. Zu dieser Kategorie gehört auch Appway.