Von Ralf Keuper
In der vergangenen Woche machten gleich zwei Meldungen über ambitionierte Projekte die Runde, die ein Silicon-Valley in Kontinentaleuropa errichten wollen. Bei dem einen handelt es sich um das Silicon Valley of Europe, das in Bad Vilbel in der Nähe von Frankfurt das Licht der Welt erblicken soll, bei dem anderen ist der Zürcher Vorort Dübendorf als Standort für ein FinTech-Silicon Valley im Gespräch.
Gemeinsames Ziel beider Initiativen ist, den Abstand zu den führenden Startup-Ökosystemen im Silicon Valley, New York und London zu verkürzen. Während sich der Schweizer Vorstoss ganz auf die FinTech-Startups konzentriert (das stimmt so nicht: Siehe Update), steht das Projekt in Frankfurt, sofern ich es richtig interpretiere, auch Startups anderer Branchen offen.
Vor einigen Tagen habe ich mich an dieser Stelle mit dem Pro und Contra des geplanten Silicon Valley of Europe etwas näher beschäftigt.
Gleiches will ich im Folgenden auch für das Schweizer Modell in einer vorläufigen Bewertung vornehmen, wobei ich diesmal aber nicht die Pro- und Contra-Argumente einzeln aufliste und gegenüberstelle.
Anders als bei dem in Bad Vilbel geplanten Projekt, das auf Initiative eines privaten Investors zurückgeht, wird das Vorhaben in der Schweiz von verschiedenen Akteuren, wie der Zürcher Handelskammer und der UBS unterstützt. Nach Ansicht des für den Bereich Digitalisierung zuständigen Managers der UBS, Andreas Kubli, sei ein konzertiertes Vorgehen des Staates, der Privatwirtschaft und der Hochschulen nötig, um die weltweit besten FinTech-Startups anzuziehen. Bereits mit im Boot, d.h. in der Projektgruppe, sind neben der Handelskammer und der UBS der Kanton Zürich, die Universitäten St. Gallen und Zürich und der Zürcher Bankenverband. Neben der UBS haben weitere Banken und die renommierte ETH Zürich Interesse an einer Mitwirkung signalisiert.
Hier erscheinen mir die Startvoraussetzungen auf den ersten Blick deutlich günstiger, als derzeit in Bad Vilbel/Frankfurt, wo ein privater Investor die treibende Kraft ist.
Das bedeutet nicht automatisch, dass die Erfolgsaussichten in Zürich größer sind, als in Frankfurt. Zwar ist Zürich die unbestrittene Finanzmetropole der Schweiz, aber auch in anderen Regionen und Städten, wie in Zug, haben sich thematische Schwerpunkte gebildet. Wie das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) erst vor wenigen Tagen berichtete, schickt sich der Kanton Zug an, das Crypto Valley zu werden.
Trotzdem: Die Idee an sich ist in beiden Fällen begrüßenswert. Irgendwo muss man anfangen. Vielleicht sollten sich die relevanten Akteure aus Wirtschaft und Politik im Großraum Frankfurt von dem Schweizer und den bereits realisierten Modellen anderer Länder inspirieren lassen.
Update:
Soeben erreicht mich über twitter von Rino Borini der Hinweis, dass der Kanton Zürich nicht nur Startups aus dem FinTech-Umfeld, sondern auch anderer Branchen fördern will. Das stimmt mit den Aussagen in der NZZ überein:
Die Finanzbranche sei für Zürich zentral, sagte Stocker und fügte an: «Der Kanton will aber breit abgestützt sein, wenn wieder einmal der Wind der Veränderung bläst.»
Die Erfolgsaussichten beurteilt Rino Borini auf twitter, bei aller Sympathie für das Vorhaben, skeptisch, da das Land erst noch aufgeplant werden muss, was noch Jahre dauern kann.
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