Von Ralf Keuper
Eine Frage, die uns in Europa seit 2007/2008 beschäftigt, ist, weshalb die europäischen Banken – im Gegensatz zu den amerikanischen – weiterhin so krisenanfällig sind. Die meiner Ansicht nach beste und schlüssigste Erklärung liefert heute Mark Dittli in Was ist bloss mit Europas Banken los?
Anders als in den USA, wo die Regierung die Banken dazu gedrängt, ja fast schon genötigt hat, ihre Kapitalausstattung zu erhöhen, haben es die europäischen Politiker und (Noten-)Banker versäumt, die Eigenkapitalquoten der Finanzinstitute zu verbessern. Folge ist, dass jede größere Krise des Bankensystems, wie derzeit in Italien, oder im Zusammenhang mit dem Brexit, Zweifel an der Stabilität aller europäischen Banken, zumindest jedoch derjenigen aus dem Euro-Raum, aufkommen lassen.
Der Wirtschaftshistoriker Werner Plumpe identifiziert in seiner “Krisenphänomenologie” drei sich überlagernde Krisen seit 2007/2008 in Europa: Eine Bankenkrise, eine Staatsschuldenkrise und eine Währungskrise. Begleitet werden sie von Strukturkrisen in einigen Ländern, wie in Spanien, Portugal, Irland, Griechenland und inzwischen auch Italien.
Dieser Umstand kommt in Europa, verglichen mit den USA, erschwerend hinzu. Bemerkenswert ist, dass auch die Credit Suisse als unterkapitalisiert und großes Systemrisiko für die internationalen Finanzmärkte eingestuft wird.
Es gibt aber auch Lichtblicke in Europa. Kürzlich erst kürte Euromoney die BNP Paribas zur besten Bank der Welt. Beim IWF rangiert BNP Paribas unter den “gefährlichsten Banken der Welt” auf Platz sieben. Nach Ansicht der Boston Consulting Group werden die europäischen Banken (darunter auch BNP Paribas), insbesondere die deutschen, vom Brexit hart getroffen.
So richtig zufrieden sind die US-Aufsichtsbehörden mit dem Zustand des heimischen Bankenmarktes aber auch nicht. Wie es noch vor wenigen Monaten hieß, sind die US-Geldinstitute die gefährlichsten Banken der Welt. Die Kontrolleure der US-Notenbank (FED) und des Einlagensicherungsfonds (FDIC) kamen zu dem Schluss, dass die Krisenvorsorge der Bank of New York Mellon, JP Morgan Chase, Wells Fargo, Bank of America und State Street unzureichend ist. Unter den zehn “gefährlichsten Banken der Welt” sind immerhin fünf aus den USA. Die anderen fünf kommen aus Europa. Die ersten drei Plätze werden von europäischen Finanzhäusern (Deutsche Bank, HSBC, Credit Suisse) belegt. Auffallend ist, dass asiatische Banken unter den Top Ten nicht vertreten sind.
Was die USA aber von Europa unterscheidet ist, wie Dittli beschrieben hat, ein entschlosseneres Vorgehen der Aufsicht und Teilen der Politik, um die Kapitalausstattung der Banken zu verbessern. Das könnte den Unterschied machen.