Von Ralf Keuper

In sei­ner aktu­el­len Kolum­ne Kon­ver­genz statt „Mach Schluss mit dei­ner alten Bank! ruft Joa­chim Jür­schick zu mehr Beson­nen­heit in der Dis­kus­si­on um die Fra­ge: Brau­chen wir noch Ban­ken? auf. Dabei bezieht er sich u.a. auf aktu­el­le Slo­gans von Number26 wie „Hilf uns gegen die alten Ban­ken zu gewin­nen“ oder „Mach Schluss mit dei­ner alten Bank!“. Statt sich gegen­sei­tig zu bekämp­fen, soll­ten die Start­ups und Ban­ken nach Wegen für Koope­ra­tio­nen suchen.

So viel ist wahr: Die Fin­Tech-Start­up-Sze­ne geizt nicht gera­de mit voll­mun­di­gen Ver­spre­chen. Schnell ist von “Dis­rup­ti­on” die Rede. Es sei Zeit für ein neu­es Ban­king. Beliebt ist auch der Ver­gleich der Ban­ken mit Dino­sau­ri­ern. Hier wur­den, und wer­den zum Teil auch noch, Erwar­tun­gen geweckt, die nur schwer erfüllt wer­den kön­nen. Da wäre etwas mehr Zurück­hal­tung nicht immer die schlech­tes­te Wahl.

Zustim­mung auch bei der Aus­sa­ge, dass die Fin­Tech-Start­ups qua­si die aus­ge­la­ger­ten Ent­wick­lungs­ab­tei­lun­gen der Ban­ken sind.

Was aller­dings die Fra­ge des Ver­trau­ens betrifft, dass die Ban­ken noch immer genie­ßen, kom­me ich zu einer etwas ande­ren Bewer­tung als Joa­chim. Im Febru­ar die­sen Jah­res schrieb das Han­dels­blatt Ban­ken ver­lie­ren Ver­trau­en der Pri­vat­an­le­ger. Dirk Els­ner ver­an­lass­te das zu dem leicht bis­sig-iro­ni­schen Bei­trag: Ban­ken ver­lie­ren zum 5.381 Mal das Ver­trau­en der Pri­vat­an­le­ger – na und? Wie vor eini­gen Wochen gemel­det wur­de, haben die Mit­tel­stän­der nur noch wenig Ver­trau­en in die Ban­ken.

Das Bild bleibt durch­wach­sen. Etwas, womit die Ban­ken punk­ten kön­nen, ist das The­ma Sicher­heit. Hier genie­ßen die Ban­ken – nach mei­nem Ein­druck jeden­falls – nach wie vor gro­ßes Ver­trau­en bei den Kun­den. Schon anders sieht es da bei der Fra­ge der Gebüh­ren aus. Am 28.10. die­sen Jah­res gab der Bun­des­ge­richts­hof sein Urteil bekannt, wonach Spar­kas­sen und Ban­ken Kre­dit­be­ar­bei­tungs­ge­büh­ren für den Zeit­raum zwi­schen Novem­ber 2004 und 2011 erstat­ten müs­sen. Wie immer man zu dem Urteil auch ste­hen mag, unter die Kate­go­rie der “ver­trau­ens­bil­den­den Maß­nah­men” lässt es sich nur schwer ein­ord­nen. Umstrit­ten ist nach wie vor die Rol­le der Ban­ken auf den inter­na­tio­na­len Finanz­märk­ten, man den­ke nur an den “Libor-Skan­dal”. Vie­le Ban­ken sor­gen auch noch Jah­re nach dem Aus­bruch der Finanz­kri­se für nega­ti­ve Schlagzeilen.

Jetzt kann man die Fra­ge auf­wer­fen, ob Ver­trau­en nicht ohne­hin über­be­wer­tet wird, wie die His­to­ri­ke­rin Ute Fre­vert. Ist Ver­trau­en über­haupt ska­lier­bar? Kurz­um: Wer­den mit der infla­tio­nä­ren Ver­wen­dung des Begriffs Ver­trau­en nicht Erwar­tun­gen geweckt, die sich so ein­fach nicht erfül­len las­sen, dafür aber immer wie­der ger­ne instru­men­ta­li­siert werden?

Jeden­falls pro­fi­tie­ren die Fin­Tech-Start­ups von dem Ver­trau­ens­schwund der Ban­ken, ohne dass ihnen dabei aber – nach mei­nem Ein­druck zumin­dest – ein gro­ßer Ver­trau­ens­vor­schuss gewährt wird. Der Här­te­test steht noch aus. Es ist nicht gesagt, dass die Fin­Tech-Start­ups die­sen bes­ser bestehen wer­den, als die Banken.

Über die, wenn man so will, neue eth­no­lo­gi­sche Grup­pe der “Mil­le­ni­als” ist in der Ver­gan­gen­heit viel geschrie­ben wor­den. Trifft nur die Hälf­te der Pro­gno­sen ein, dann wer­den die Ban­ken künf­tig nur noch eine Neben­rol­le spie­len. Wie die­se Gene­ra­ti­on wirk­lich tickt, lässt sich nur schwer sagen; zumal auch die­se Gene­ra­ti­on mit gro­ßer Wahr­schein­lich­keit mit zuneh­men­dem Alter in Fra­gen des Gel­des kon­ser­va­ti­ver wird.

Unge­ach­tet des­sen, kön­nen sich immer mehr Mil­le­ni­als eine Zukunft ohne die klas­si­sche Bank vor­stel­len, wie u.a. aus den Arti­keln The End of Ban­king As Usu­al und BITKOM: 64 % wol­len bei der Haus­bank blei­ben, 22 % lieb­äu­geln mit FinTechs her­vor­geht. Von gro­ßer Bedeu­tung ist das The­ma Mobi­le Pay­ments. Hier sind die Mil­le­ni­als kaum zu Kom­pro­mis­sen bereit. Bis­her haben die Ban­ken hier nicht all­zu viel zuwe­ge gebracht. Der Vor­sprung von Apple, Pay­pal, Braintree/​Venmo, Ali­pay u.a. dürf­te nur noch schwer auf­zu­ho­len sein.

Fest­zu­hal­ten bleibt für mich: Ban­ken und Fin­Tech-Start­ups soll­ten ver­stärkt auf­ein­an­der zuge­hen und nach Koope­ra­ti­ons­mög­lich­kei­ten suchen, was eini­ge Ban­ken ja bereits prak­ti­zie­ren. Ande­rer­seits gibt es Fin­Tech-Start­ups, die sich auch wei­ter­hin als Alter­na­ti­ve zu den Ban­ken prä­sen­tie­ren wer­den – das ist ihr gutes Recht. Eini­ge von ihnen wer­den sich dau­er­haft eta­blie­ren kön­nen. Dane­ben wer­den wir noch wei­te­re Koope­ra­tio­nen sehen: Zwi­schen Ban­ken und FinTechs, Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­un­ter­neh­men, Mobi­li­täts­dienst­leis­tern, E‑Com­mer­ce- und Medi­en­kon­zer­nen. Die Ban­ken, aber auch die Fin­Tech-Start­ups, soll­ten ihren Fokus daher nicht nur auf­ein­an­der richten.

Alles in allem ein wich­ti­ger Dis­kus­si­ons­bei­trag und Denk­an­stoss von Joa­chim Jür­schick. Hier­von brau­chen wir m.E. noch mehr.

P.S. Ich bin regel­mä­ßi­ger Autor des von Joa­chim Jür­schick seit Mit­te die­sen Jah­res her­aus­ge­ge­be­nen IT-Finanz­ma­ga­zins.

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