Von Ralf Keuper

Es scheint eine rein aka­de­mi­sche und daher für die Pra­xis müßi­ge Fra­ge zu sein, ob wir im Ban­king noch das pas­sen­de Bezugs­sys­tem verwenden.

Den­noch: Ist es noch ange­mes­sen, Ban­ken aus­schließ­lich, was die wich­ti­gen Kenn­zah­len betrifft, mit ande­ren Ban­ken zu ver­glei­chen? Sind die Ergeb­nis­se damit nicht vor­pro­gram­miert? Kann man wich­ti­ge Ent­wick­lun­gen, die das eige­ne Geschäfts­mo­dell zu unter­mi­nie­ren dro­hen, dadurch tref­fend ana­ly­sie­ren, indem man sich, evo­lu­ti­ons­theo­re­tisch gespro­chen,  mit “Art­ge­nos­sen” ver­gleicht?  In der Soft­ware­ent­wick­lung wird an Tests die For­de­rung gestellt, nicht das, was schon ist, zu tes­ten, son­dern den künf­tig erwünsch­ten Zustand. Wie anders will man Abwei­chun­gen feststellen?

Sind Fin­tech-Start­ups als Ver­gleichs­maß­stab für die Ban­ken tat­säch­lich geeig­net – und umge­kehrt? Tei­len sie nicht in etwa die­sel­be Sicht und ver­fü­gen sie nicht auch über nahe­zu iden­ti­sche Erlös- und Kos­ten­struk­tu­ren, unab­hän­gig davon, ob noch auf die Filia­le gesetzt wird oder die Alt-Sys­te­me das IT-Bud­get domi­nie­ren und immer wie­der Aus­fall­erschei­nun­gen zei­gen? Sind nicht alle Ban­ken, sobald sie der Regu­lie­rung als Voll­bank unter­lie­gen, gleich?

Hat Jim Marous womög­lich recht, wenn er schreibt Being ‘Just a Bank’ is Not Enough? Marous gibt den Ban­ken, u.a. mit Ver­weis auf Accen­ture in Bey­ond the Ever­y­day Bank: The GAFA Ban­king Approach den Rat, sich ver­stärkt an Goog­le, Apple, face­book und Ama­zon zu ori­en­tie­ren; ein Punkt, auf den in die­sem Blog mehr­mals hin­ge­wie­sen wur­de. Trotz­dem bleibt die Fra­ge bestehen, ob wir unse­re Vor­stel­lung des­sen, was eine Bank ist bzw. in Zukunft sein wird, noch ange­mes­sen ist. Kann es sein, dass wir, bevor wir GAFA und ande­re neue Maß­stä­be defi­nie­ren, die Fra­ge zu klä­ren haben, ob unse­re Begrif­fe nicht den Blick ver­stel­len, d.h. ist es mög­lich, sich eine Bank vor­zu­stel­len, die nicht mehr die mäch­ti­ge, durch Bank­tür­me Ehr­furcht ein­flö­ßen­de Insti­tu­ti­on ist, son­dern ein Anbie­ter von Ban­king-Ser­vices, die, so abge­dro­schen und flos­kel­haft das auch klingt, den Kun­den­nut­zen und das Gemein­wohl, die Stake­hol­der im Sinn haben? Lässt sich die Digi­ta­li­sie­rung dazu ver­wen­den, das Rela­ti­onship-Ban­king wie­der­zu­be­le­ben und damit, wie Jür­gen Pon­to bereits vor Jahr­zehn­ten anreg­te, neue Erlös­quel­len zu erschlie­ßen, die weni­ger ris­kant sind, als das Tran­sac­tion­al Ban­king bzw. das Investmentbanking?

Um das neue Bezugs­sys­tem fin­den zu kön­nen, müs­sen die gän­gi­gen Begrif­fe, die wir im Ban­king ver­wen­den, dar­auf­hin über­prüft wer­den, ob sie mit der Rea­li­tät, mit der Erfah­rung der meis­ten Men­schen noch korrespondieren.

Wie es in Albert Ein­stein als Phi­lo­soph und Natur­for­scher heisst, hat Ein­stein gewagt, die­se Fra­gen zu stellen:

Ein­stein erklär­te, es sei dar­um kei­nes­wegs ein eit­les Unter­fan­gen, wenn wir uns der Ana­ly­se von Begrif­fen wid­men, die uns schon lan­ge geläu­fig sind, und auf­zu­zei­gen, wovon ihre Recht­fer­ti­gung und Brauch­bar­keit abhängt. Die all­zu gro­ße Auto­ri­tät alt­ge­wohn­ter Begrif­fe wird dann gebro­chen: sie wer­den bei­sei­te gestellt, wenn sie nicht als adäquat gerecht­fer­tigt wer­den kön­nen, sie wer­den kor­ri­giert, wenn ihre Bezie­hung zur tat­säch­li­chen Erfah­rung zu sorg­los hin­ge­nom­men wur­de, oder sie wer­den durch ande­re Begrif­fe ersetzt, wenn es mög­lich ist, ein neu­es Sys­tem auf­zu­stel­len, das den Vor­zug verdient.

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