Von Ralf Keuper

Im Inter­net haben wir die für eine frei­heit­li­che Gesell­schaft para­do­xe Situa­ti­on, dass die Nut­zer nicht auto­nom über die Ver­wen­dung ihrer digi­ta­len Iden­ti­tä­ten ent­schei­den kön­nen. Bis­lang scheint das die Mehr­zahl der Nut­zer nicht son­der­lich zu beun­ru­hi­gen. Mel­dun­gen und Berich­te über Iden­ti­täts­dieb­stäh­le und Daten­skan­da­le sor­gen zwar für Empö­rung, auf das Ver­hal­ten der Nut­zer im Inter­net hat das indes kaum Auswirkungen.

Mit der Mög­lich­keit, auf siche­re und kom­for­ta­ble Wei­se die eige­nen digi­ta­len Iden­ti­tä­ten selb­stän­dig zu mana­gen, könn­te sich das ändern. Noch steckt die Ent­wick­lung, ins­be­son­de­re in Deutsch­land, in den Kin­der­schu­hen. Den­noch sind in ver­gan­ge­nen Jah­ren welt­weit zahl­rei­che Initia­ti­ven und Lösun­gen ent­stan­den, die für die Ver­brei­tung selbst­ver­wal­te­ter Digi­ta­ler Iden­ti­tä­ten sor­gen wol­len, wie Sovrin oder der Bun­des­ver­band Block­chain (Bun­des­block).
Auch die Unter­neh­men erken­nen lang­sam das Poten­zi­al selbst­ver­wal­te­ter Digi­ta­ler Iden­ti­tä­ten, wenn es dar­um geht, Betrug zu ver­hin­dern und die Kun­den­bin­dung zu stär­ken. Die Nut­zer und Kun­den hät­ten den Vor­teil, sel­ber über die Her­aus­ga­be und Ver­wen­dung ihrer Iden­ti­täts­da­ten ent­schei­den zu kön­nen. Nur die Daten, die für einen bestimm­ten Vor­gang nötig sind, wer­den frei­ge­ge­ben. Wei­ter­hin kön­nen die Nut­zer sich anonym mit ihrer veri­fi­zier­ten Iden­ti­tät bewe­gen; sie müs­sen sich also nicht mehr mit unge­wünsch­ter Wer­bung beschäf­ti­gen. Denk­bar ist, dass die Nut­zer ihre Daten Drit­ten – gegen Ent­gelt oder bes­se­re Kon­di­tio­nen – zur Ver­fü­gung stellen.

Iden­ti­täts­dienst­leis­ter haben die Chan­ce, sich über die Qua­li­tät der von ihnen veri­fi­zier­ten Identitäten/​Identitätsmerkmale und durch Zusatz­ser­vices von ihren Mit­be­wer­bern abzusetzen.

Gro­ßes, weit­ge­hend noch unge­nutz­tes Poten­zi­al schlum­mert bei den Iden­ti­tä­ten für Maschi­nen. Vor­stell­bar sind Tech­no­lo­gie­da­ten­markt­plät­ze, auf denen die Iden­ti­täts­merk­ma­le (Claims) der Maschi­nen gehan­delt wer­den. Die Maschi­nen agie­ren dabei weit­ge­hend auto­nom. Mit­tel- bis lang­fris­tig könn­te dar­aus eine neue Asset-Klas­se ent­ste­hen. Der Indus­trie und den Anle­gern wür­den sich dadurch ganz neue Ein­nah­me- und Finan­zie­rungs­quel­len eröffnen.

Der vor­lie­gen­de Report kommt zu dem Ergeb­nis, dass, wenn wir in Deutsch­land und Euro­pa unse­ren Wohl­stand erhal­ten und an der Wahl­frei­heit der Bür­ger als des­sen Quel­le fest­hal­ten wol­len, kaum ein Weg an der Ein­füh­rung zumin­dest dezen­tra­ler, nach Mög­lich­keit jedoch selbst­ver­wal­te­ter Digi­ta­ler Iden­ti­tä­ten vor bei führt.

Zuerst erschie­nen auf Iden­ti­ty Eco­no­my