Von Ralf Keuper

Der neu­es­te Erfolg von Goog­le bei der Ent­wick­lung sog. “Super­chips” (Vgl. dazu: Goog­le erreicht mit 72-Qubit-Rech­ner Durch­bruch bei Quan­ten­rech­nern) hat erneut die Fra­ge auf­ge­wor­fen, ob die Quan­ten­com­pu­ter Bit­co­in und dar­über hin­aus die Block­chain obso­let machen könn­ten. Sowohl Bit­co­in wie auch die Block­chain basie­ren auf kryp­to­gra­fi­schen Ver­fah­ren, die es – ver­ein­facht for­mu­liert – ermög­li­chen, dass Akteu­re, die sich nicht ken­nen, ein­an­der ver­trau­en. Quan­ten­com­pu­ter besit­zen – prin­zi­pi­ell – die Fähig­keit, die bis­her bekann­ten Ver­schlüs­se­lungs­ver­fah­ren zu kna­cken (Vgl. dazu: Die­ser Com­pu­ter­chip könn­te Bit­co­in und Co. wert­los machen).

In dem Bei­trag Ist Goo­gles Quan­ten­com­pu­ter eine Gefahr für den Bit­co­in? ging Chris­toph Berg­mann im Dezem­ber ver­gan­ge­nen Jah­res der Fra­ge nach, ob die Sor­gen berech­tigt sind. Zu dem Zeit­punkt ver­wen­de­te Goo­gles Quan­ten­com­pu­ter einen Chip mit 8 Quan­ten-Spei­cher­ein­hei­ten (Qubits).  Goo­gles aktu­el­ler Quan­ten­com­pu­ter setzt einen Chip mit 72 Quan­ten-Spei­cher­ein­hei­ten (Qubits) ein.

Trotz allem stellt der Test von Goog­le einen wich­ti­gen Zwi­schen­schritt dar, da er beweist, dass Quan­ten­com­pu­ter in der Lage sind, gewis­se Algo­rith­men wesent­lich schnel­ler abzu­ar­bei­ten als gewöhn­li­che Com­pu­ter. Es dürf­te nur eine Fra­ge der Zeit sein, bis Quan­ten­com­pu­ter ein wei­tes Spek­trum von Algo­rith­men ver­ar­bei­ten und auch mehr als 8 qbits ver­schrän­ken kön­nen, auch wenn Zeit hier eher Jahr­zehn­te als Jah­re meint. Sol­che Quan­ten­com­pu­ter sowie bereits bekann­te oder noch zu ent­wi­ckeln­de Quan­ten-Algo­rith­men kön­nen theo­re­tisch in der Lage sein, die kryp­to­gra­phi­schen Algo­rith­men des Bit­co­ins zu brechen.

Inso­fern ist die Aus­gangs­la­ge seit die­ser Woche eine ande­re. Jedoch:

Aller­dings soll­te es pro­blem­los mög­lich sein, die Algo­rith­men im Bit­co­in zu ändern, wenn sich eine Gefahr durch Quan­ten­com­pu­ter anbahnt. Bereits die Erhö­hung der Bits von SHA wür­de aus­rei­chen, um eini­ge Jah­re Zeit zu gewin­nen, in denen man quan­ten­si­che­re Algo­rith­men – die bereits in der Ent­wick­lung bzw. ent­wi­ckelt sind – zu imple­men­tie­ren. Soll­te es ein­mal soweit kom­men, dass RSA, SHA-256, ECDSA und wei­te­re Algo­rith­men von Quan­ten-Com­pu­tern geknackt wer­den, dann wird die Welt als gan­zes, nicht nur der Bit­co­in, sich rela­tiv schnell auf die neu­en Gege­ben­heit ein­stel­len müssen.

Vor­läu­fi­ge Ent­war­nung gab auch Ste­fan Schaus­berg im Janu­ar 2017 in Ist der Quan­ten­com­pu­ter eine Gefahr für Bit­co­ins?. Es zeigt sich, dass die tech­no­lo­gi­sche Ent­wick­lung deut­lich rasan­ter ver­läuft, als bis­her von vie­len mit der Mate­rie ver­trau­ten ange­nom­men, was kei­nes­falls vor­wurfs­voll gemeint ist (!).

Im Jahr 2014 stell­te Han­no Böck in Sicher trotz Quan­ten­com­pu­tern die Post-Quan­ten-Kryp­to­gra­fie vor. Mit ihrer Hil­fe ist eine siche­re Ver­schlüs­se­lung auch im Zeit­al­ter der Quan­ten­com­pu­ter mög­lich. Jedoch müss­ten hier­für noch eini­ge Hin­der­nis­se über­wun­den werden:

Es gibt zwar auch gut unter­such­te Ver­schlüs­se­lungs­ver­fah­ren in der Post-Quan­ten-Kryp­to­gra­fie, bei­spiels­wei­se das McE­lie­ce-Ver­schlüs­se­lungs­sys­tem, das auf der Code-basier­ten Kryp­to­gra­fie basiert. Aller­dings ist dies für Inter­net­ver­bin­dun­gen kaum prak­ti­ka­bel, da die Schlüs­sel viel zu groß sind. Es wür­de bei lang­sa­men Netz­ver­bin­dun­gen Minu­ten dau­ern, bis eine Web­sei­te ange­zeigt wird. In sei­ner heu­ti­gen Form ist McE­lie­ce nur für eini­ge Spe­zi­al­an­wen­dun­gen ver­wend­bar. Ein ande­res Ver­fah­ren namens Ntru gehört zur Git­ter-basier­ten Kryp­to­gra­fie. Es wäre durch­aus prak­ti­ka­bel ein­setz­bar, aller­dings haben es sei­ne Erfin­der paten­tiert. Damit ist es für Mas­sen­an­wen­dun­gen wie bei­spiels­wei­se HTTPS-ver­schlüs­sel­te Web­sei­ten im Moment kaum zu gebrauchen

Deutsch­land, als Ursprungs­ort der Quan­ten­theo­rie, genannt sei­en Max Planck, Albert Ein­stein (der sich mit ihren Kon­se­quen­zen zwar nie ganz anfreun­den konn­te) und Wer­ner Hei­sen­berg, droht im Bereich der Quan­ten­phy­sik inter­na­tio­nal den Anschluss zu ver­lie­ren, wie bereits im Jahr 2015 in Ver­schlüs­se­lung: Pri­vat­sphä­re dank Quan­ten­com­pu­ter zu lesen war (Vgl. dazu auch: Sicher trotz Quan­ten­com­pu­tern).

Umso mehr über­rascht, dass Deutsch­land beim Wett­ren­nen um Ver­schlüs­se­lungs­tech­nik der Zukunft “inter­na­tio­nal den Anschluss ver­lie­ren” könn­te. Davor war­nen füh­ren­de deutsch­spra­chi­ge Quan­ten­phy­si­ker in einer aktu­el­len Stel­lung­nah­me der Wis­sen­schafts­aka­de­mien Leo­pol­di­na, Aca­tech und der Deut­schen Aka­de­mien­uni­on. “Wenn wir jetzt nichts unter­neh­men, könn­te es am Ende dazu kom­men, dass wir Ver­schlüs­se­lungs­tech­nik aus Chi­na kau­fen müs­sen”, sagt der Phy­si­ker Wolf­gang Schleich von der Uni­ver­si­tät Ulm, der Koor­di­na­tor der Stellungnahme.

So unbe­rech­tigt war die War­nung nicht, wie die jüngs­ten Akti­vi­tä­ten von Ali­baba (Vgl. dazu: Ali­baba Laun­ches 11-Qubit Quan­tum Com­pu­ting Cloud Ser­vice) und Bai­du zei­gen (Vgl. dazu: Bai­du has ente­red the race to build quan­tum com­pu­ters). Chi­na scheint ent­schlos­sen, auf dem Gebiet der Quan­ten­com­pu­ter eine Füh­rungs­rol­le zu über­neh­men, wie aus Chi­na will open a $10 bil­li­on quan­tum com­pu­ter cen­ter and others also inves­t­ing in quan­tum com­pu­ting hervorgeht.

Damals schätz­te man den Bedarf an quan­ten­kryp­to­gra­fi­schen Ver­fah­ren jedoch für auf abseh­ba­re Zeit eben­falls eher gering ein:

Der Bedarf nach Quan­ten­kryp­to­gra­fie ist aber laut Scott Aaron­son heu­te auch aus einem ande­ren Grund noch über­schau­bar. Wer Infor­ma­tio­nen ver­schlüs­seln will, kann es Hackern auch ohne Quan­ten­phy­sik schwer machen. An heu­ti­gen Codes, die Tau­sen­de Zif­fern lang sind, wer­den sich die schnells­ten Super­com­pu­ter noch Jah­re die Zäh­ne aus­bei­ßen, heißt es in einem Bericht der EU-Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­be­hör­de ETSI.

In einem Inter­view mit RUBIN, dem Wis­sen­schafts­ma­ga­zin der Ruhr-Uni­ver­si­tät Bochum im Jahr 2016, äußer­te sich Prof. Dr.-Ing. Tim Güney­su zum For­schungs­stand (Vgl. dazu: Kryp­to­gra­fie im Zeit­al­ter der Quan­ten­com­pu­ter).

Das eigent­li­che Pro­blem sei­en nicht die Quan­ten­com­pu­ter, son­dern die Kleinstgeräte:

.. Quan­ten­com­pu­ter von mor­gen sind gar nicht das Pro­blem, son­dern die Kleinst­ge­rä­te von heu­te. Über­all steckt bereits Kryp­to­gra­fie drin, in Bank­kar­ten, Gesund­heits­kar­ten, in elek­tro­ni­schen Tür­schlös­sern. In Zukunft wer­den sol­che Gerä­te wahr­schein­lich so leis­tungs­fä­hig sein wie unse­re Smart­phones heu­te. Aber der­zeit sind sie das nicht, und den­noch müs­sen wir uns und unse­re Daten vor den Angrif­fen von mor­gen schüt­zen. Dabei sind Gesund­heits­da­ten übli­cher­wei­se durch­aus lang­zeit­kri­tisch. Wenn jemand heu­te in der Lage ist, sol­che Daten abzu­fan­gen und zwi­schen­zu­spei­chern, soll er sie auch in 15 Jah­ren mit dem Quan­ten­com­pu­ter nicht erfolg­reich ent­schlüs­seln kön­nen. Von genau die­sem Pro­blem betrof­fen sind alle tech­ni­schen Gerä­te mit hoher Lebens­dau­er. Satel­li­ten zum Bei­spiel, die man ein­mal in die Umlauf­bahn schießt und die dann Jahr­zehn­te sicher kom­mu­ni­zie­ren müssen.

Neben Bochum (mit dem Horst Götz Insti­tut für IT-Sicher­heit) sind Darm­stadt und Saar­brü­cken in Deutsch­land füh­rend auf dem Gebiet der Verschlüsselungstechnologien/​Cybersecurity. In Darm­stadt resi­diert u.a. das Fraun­ho­fer-Insti­tut für Ange­wand­te Infor­ma­ti­ons­tech­nik FIT. Dar­über hin­aus ist Darm­stadt Sitz des Digi­tal Hub Cyber­se­cu­ri­ty. In Saar­brü­cken wur­de im ver­gan­ge­nen Jahr das Helm­holtz-Zen­trum für IT-Sicher­heit gegründet.

Einer der Pio­nie­re auf dem Gebiet der Quan­ten­kom­mu­ni­ka­ti­on ist Anton Zei­lin­ger, der in Wien lehrt und forscht (Vgl. dazu: Rät­sel­haf­te Quan­ten­welt – Tele­por­ta­ti­on, Quan­ten­com­pu­ter und mehr).

Bis es “ech­te” Quan­ten­com­pu­ter gibt, kön­ne es noch etli­che Jah­re dau­ern, so Rai­ner Blatt, Pro­fes­sor an der Uni­ver­si­tät Inns­bruck und einer der Direk­to­ren des Insti­tuts für Quan­ten­op­tik und Quan­ten­in­for­ma­ti­on (IQOQI) der Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten (ÖAW) in einem Inter­view im ver­gan­ge­nen Jahr (Vgl. dazu: Quan­ten­com­pu­ter “steht phy­si­ka­lisch nichts im Weg”).

Zu den weni­gen Ban­ken, die sich der­zeit intensiv(er) mit dem Quan­ten­com­pu­ting beschäf­ti­gen, zäh­len u.a. J.P. Mor­gan und Bar­clays.

Im Quan­tum Resistant Led­ger Team arbei­tet man der­zeit an Ver­fah­ren, wie sich die Block­chain auch im Zeit­al­ter des Quan­ten­com­pu­ters behaup­ten könn­te (Vgl. dazu: Is Quan­tum Com­pu­ting an Exis­ten­ti­al Thre­at to Block­chain Tech­no­lo­gy?):

The Quan­tum Resistant Led­ger is a block­chain pro­ject alre­a­dy working to imple­ment post-quan­tum cryp­to­gra­phy. It remains to be seen how suc­cessful the effort and others like it will pro­ve when full-sca­le quan­tum com­pu­ting beco­mes a prac­ti­cal reality.

Der Aus­blick:

To be clear, quan­tum com­pu­ting threa­tens all com­pu­ter secu­ri­ty sys­tems that rely on public key cryp­to­gra­phy, not just block­chain. All secu­ri­ty sys­tems, inclu­ding block­chain sys­tems, need to con­sider post-quan­tum cryp­to­gra­phy to main­tain data secu­ri­ty for their sys­tems. But the easie­st and most effi­ci­ent rou­te may be to replace tra­di­tio­nal sys­tems with block­chain sys­tems that imple­ment quan­tum-resistant cryptography.

Schaun mer mal.

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