Im Jah­re 1909 hielt der Ver­ein für Sozi­al­po­li­tik sei­ne Tagung in Wien mit den The­men “Pro­duk­ti­vi­tät” und “Geld­wert”; hier kam es zu Mei­nungs­ge­gen­sät­zen zwi­schen Phil­ip­po­vich und Max Weber, zwi­schen Wie­ser und Knapp. Kaum jemals stan­den in einer kon­ti­nen­ta­len Dis­kus­si­on Öko­no­men von sol­chen Namen gegen­über, und nie­mals war in einer kri­ti­schen Stun­de das Ergeb­nis so kata­stro­phal. Denn Max Weber ver­warf den Pro­duk­ti­vi­täts- und Knapp den Geldbegriff.

Max Weber wand­te sich wohl gegen das Her­ein­tra­gen ethi­scher Momen­te in die Öko­no­mie – aber dar­um han­del­te es sich nicht in die­sem Augen­blick; gera­de im Moment unmit­tel­ba­rer Kriegs­vor­be­rei­tung war es für die Wirt­schaft nicht gleich­gül­tig, ob Kano­nen oder Pflü­ge pro­du­ziert würden.

Knapp aber leug­ne­te gar den Begriff des Geld­wer­tes; denn das Geld gehe ja von Hand zu Hand, jeder kön­ne es sofort weitergeben.

Fünf Jah­re vor Aus­bruch der Welt­kriegs­ära haben zwei der größ­ten Gelehr­ten, denen die Wis­sen­schaft vie­les ver­dankt, den Staa­ten einen Frei­brief gege­ben für illu­mi­nier­te Kriegs­pro­duk­ti­on und Geld­be­schaf­fung. Denn im Pro­duk­ti­vi­täts­be­griff und in der Basie­rung des Gel­des auf Gold lie­gen die Gren­zen für die Regie­rung. Bei­de Gelehr­te waren sich der Fol­gen ihrer Dok­trin nicht bewusst, und das öko­no­mi­sche Unheil, das dann kam, war nicht ihnen zuzu­schrei­ben. Aber sie haben – unab­sicht­lich – die theo­re­ti­sche Öko­no­mie gera­de im wich­tigs­ten Zeit­punkt um allen Ein­fluss gebracht. ..

Von die­ser Tagung an gal­ten in Deutsch­land und Öster­reich die Anhän­ger der Gold­wäh­rung als mit­tel­al­ter­li­che, aber­gläu­bi­sche Idio­ten, in bedau­erns­wer­ter Ver­tei­di­gungs­stel­lung. Zu Anfang des 18. Jahr­hun­derts war der theo­re­ti­sche Infla­tio­nis­mus nach einer Kriegs­ära erschie­nen, dies­mal ging er ihr voraus.

Ich wie­der­ho­le: Kei­ner der bei­den Män­ner, Per­sön­lich­kei­ten von höchs­tem wis­sen­schaft­li­chen Wuchs und Cha­rak­ter, dach­te an Krieg, noch erwähn­te ihn sonst jemand in der Ver­samm­lung. Ich bil­de mir ein, dass ich der ein­zi­ge war, der dar­an dach­te. Und wie vie­le, wenn auf Krieg hin ange­spro­chen wor­den wären, hät­ten damals geant­wor­tet: “Was hat das mit Pro­duk­ti­vi­tät oder Geld­wert zu tun?”.

Quel­le: Felix Soma­ry: Erin­ne­run­gen aus mei­nem Leben

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert