Auf Initiative des Bankiers, Politikers und Publizisten Jakob Riesser wurde 1901 der Centralverband des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes gegründet. Vordergründig schien seine Gründung eine Reaktion auf das Börsengesetz von 1896, in dem eine Reihe von Beschränkungen für das Bankgewerbe verankert wurde. Bei genauerer Betrachtung jedoch ist diese Verbandsgründung als Endpunkt eines über Jahrzehnte stattfindenden Prozesses und tiefgehenden Strukturwandels im Bankwesen zu verstehen: Aufgrund informeller Netzwerke zwischen Bankiers und Politik war zunächst keine Verbandspolitik nötig. Im Zuge des Konzentrationsprozesses erlangten die Großbanken vor den Privatbankiers die Führungsrolle im Banksektor. Es stieg ein neuer Typus des Bankiers auf, der sich aus einem anderen Milieu rekrutierte als die traditionellen Privatbankiers. Eine neue Bankiersgeneration – die Generation Jakob Riessers – übernahm die Führung und konstituierte eine institutionalisierte Interessen- und Verbandspolitik. Mittels einer akteursorientierten Netzwerkstudie deren Mittelpunkt Riesser bildet soll dieser Strukturwandel im Bankensektor untersucht und analysiert werden, sowie den maßgeblichen Gründen und Ursachen hierfür nachgegangen werden; erstmalig soll also eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der „Verbandlichung“ der Interessen im Bankwesen des Kaiserreiches und somit der Geschichte des Centralverbandes stattfinden.
Quelle / Link: Jakob Riesser, der Centralverband des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes und die Finanzpolitik des Kaiserreiches