Von Ralf Keuper

Das klingt nach mehr als nur einer vor­über­ge­hen­den hesi­ta­ti­on in der com­mu­ni­ty wor­über Mike Hearn in The reso­lu­ti­on of the Bit­co­in expe­ri­ment berich­tet. Dem­nach ist es in der Bit­co­in-Com­mu­ni­ty in den letz­ten Mona­ten zu erheb­li­chen Span­nun­gen gekom­men, die ein Schei­tern des Bit­co­in-Expe­ri­ments in den Bereich des Mög­li­chen bringen.

Hearn kommt zu Beginn zu der resi­gna­ti­ven Feststellung:

But despi­te kno­wing that Bit­co­in could fail all along, the now ine­s­ca­pa­ble con­clu­si­on that it has fai­led still sad­dens me great­ly. The fun­da­men­tals are bro­ken and wha­te­ver hap­pens to the pri­ce in the short term, the long term trend should pro­ba­b­ly be down­wards. I will no lon­ger be taking part in Bit­co­in deve­lo­p­ment and have sold all my coins.

Nach fünf Jah­ren inten­si­ver Mit­ar­beit am Bit­co­in-Pro­jekt wech­selt Hearn, wie Natha­ni­al Pop­per berich­tet, zum Block­chain-Start­up R3, das von zahl­rei­chen nam­haf­ten Ban­ken gestützt wird. Nie­mals geht man so ganz …

Wie auch immer.

Jeden­falls gibt der Bei­trag Anlass zum Nach­den­ken und zur Revi­si­on eini­ger lieb­ge­wor­de­ner Annah­men über das Wesen einer betont dezen­tral und demo­kra­tisch auf­tre­ten­den Gemein­schaft ver­meint­lich Gleichgesinnter.

In dem ideo­lo­gi­schen Streit ste­hen sich zwei Lager gegen­über: Auf der einen Sei­te die­je­ni­gen, die für eine Erhö­hung der Anzahl von Trans­ak­tio­nen plä­die­ren, die mit Bit­co­in abge­wi­ckelt wer­den kön­nen, und auf der ande­ren Sei­te die Ver­fech­ter der, wenn man so will, rei­nen Leh­re, die eine Erwei­te­rung der Ver­ar­bei­tungs­ka­pa­zi­tä­ten rund­weg ableh­nen. Letz­te­res mit dem Ver­weis dar­auf, dass die gewöhn­li­chen Com­pu­ter noch nicht in der Lage sei­en, das Ver­ar­bei­tungs­vo­lu­men zu stem­men und die Gefahr bestün­de, dass gro­ße Unter­neh­men mit ihren Rechen­ka­pa­zi­tä­ten eine domi­nie­ren­de Stel­lung bekommen.

Die­ser Fall ist, so Hearn, bereits eingetreten.

Hearn schreibt:

Why has the capa­ci­ty limit not been rai­sed? Becau­se the block chain is con­trol­led by Chi­ne­se miners, just two of whom con­trol more than 50% of the hash power. At a recent con­fe­rence over 95% of hash­ing power was con­trol­led by a handful of guys sit­ting on a sin­gle stage. The miners are not allo­wing the block chain to grow.

Wie groß das Zer­würf­nis bereits ist, zeigt die Art und Wei­se, wie der Ver­such, einen Code (Bit­co­in XT) ein­zu­spie­len, der für eine Erwei­te­rung der Ver­ar­bei­tungs­ka­pa­zi­tä­ten gesorgt hät­te, mehr oder weni­ger unsanft ver­ei­telt wur­de. Zunächst wur­de eine Nach­rich­ten-Blo­cka­de in den rele­van­ten Foren ver­hängt, dann sahen sich die Netz­wer­kno­ten, die die neue Ver­si­on ein­spie­len woll­ten, mas­si­ven Hacker-Atta­cken ausgesetzt.

Bewer­tung

Es tritt viel­leicht erst jetzt offen zuta­ge, dass auch eine Soft­ware-Com­mu­ni­ty von Men­schen aus Fleisch und Blut gebil­det wird, die unter­schied­li­che Inter­es­sen ver­fol­gen. Das wiegt um so schwe­rer, wenn als trei­ben­de Kraft eine Ideo­lo­gie, die Vor­stel­lung einer bes­se­ren Welt fun­gie­ren. Die Kir­chen-und Wis­sen­schafts­ge­schich­te ist voll von Berich­ten über Glau­bens- und Richtungskämpfen.

Wie sagt Natha­ni­al Pop­per in A Bit­co­in Believer’s Cri­sis of Faith treffend:

The cur­rent dis­pu­te, though, is a remin­der that the Bit­co­in software—like all com­pu­ter code—is an evol­ving pro­duct of the human mind, and its deploy­ment is vul­nerable to human frail­ties and diver­gent ideals.

Jetzt beginnt sich zu rächen, dass der “Vater” von Bit­co­in, Sato­shi Nakama­to, sein Baby ohne wei­te­re Anwei­sun­gen sei­nen Jün­gern über­ließ, die nun damit beschäf­tigt sind, das Erbe des Meis­ters zu wah­ren und fort­zu­füh­ren. Ein Dilem­ma, das schon zahl­rei­che “Schu­len” zu Dog­ma­tis­mus und vor­zei­ti­ger Erstar­rung geführt hat.

In sei­nen Büchern und Schrif­ten hat sich Fre­de­rick P. Brooks inten­siv mit den Beson­der­hei­ten der Soft­ware­ent­wick­lung beschäf­tigt, wie in sei­nem Klas­si­ker The Mythi­cal Man Month. In sei­nem Buch Erfolg­rei­ches Design. Essays über uni­ver­sel­le Design­pro­zes­se mit Bei­spie­len aus der IT-und Soft­ware­ent­wick­lung betont er, wie wich­tig ein ein­heit­li­cher Stil bzw. Design­ko­hä­renz für ein Soft­ware­pro­jekt sind. Im Kapi­tel Kon­zep­tio­nel­le Inte­gri­tät ist das Ziel schreibt er:

Vie­le groß­ar­ti­ge tech­ni­sche Designs sind auch heu­te noch vor­ran­gig das Werk eines oder zwei­er Köp­fe. Betrach­ten Sie die Brü­cken von Chris­ti­an Menn oder die Rech­ner von Sey­mor Cray. Des­sen genia­le Designs ent­spran­gen der völ­li­gen Beherr­schung des gesam­ten Designs von der Archi­tek­tur bis hin zu den Schal­tun­gen, der Bau­form und Küh­lung der Chips und der dar­aus resul­tie­ren­den Frei­heit bei wech­sel­sei­ti­gen Ände­run­gen in allen Design­be­rei­chen. Auch wenn er auf Teams zurück­grei­fen konn­te, die er selbst gelei­tet hat, hat er sich die Zeit zur Ent­wick­lung der Design­kom­po­nen­ten genom­men, die er selbst bewäl­ti­gen konn­te. Cray bemüh­te sich um ein star­kes Gegen­ge­wicht zu jenen unter­neh­me­ri­schen und exter­nen Zwän­gen, die die eige­ne Auf­merk­sam­keit vom Design abge­lenkt und auf ande­re Auf­ga­ben gerich­tet hät­te. .. Auf die­ses Mus­ter der phy­si­schen Iso­la­ti­on klei­ner Teams, der inten­si­ven Kon­zen­tra­ti­on und der Lei­tung durch einen füh­ren­den Kopf trifft man beim Design wirk­lich inno­va­ti­ver Pro­duk­te immer wieder.

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