Das Geld darf, wie Momm­sen zu Beginn aus­führt, neben der Schrift als die bedeu­tends­te mensch­li­che Zivi­li­sa­ti­ons­leis­tung gel­ten, gebo­ren aus der Not­wen­dig­keit des wirt­schaft­li­chen Tausch­ge­schäf­tes und sich zunächst kon­kre­ti­sie­rend im Vieh­geld, wobei das Rind die Rol­le des Groß­gel­des, das Schaf die Rol­le des Klein­gel­des über­nimmt. An die Stel­le des Her­den­viehs tritt im Zei­chen gestei­ger­ten Waren­ver­kehrs das Metall, von grö­ße­rer Dau­er­haf­tig­keit und Bestän­dig­keit als jedes Natural­geld. „End­lich und haupt­säch­lich ist das Metall unter allen Waren die­je­ni­ge, die dem idea­len Begriff des Wer­tes mit der min­des­ten Unvoll­kom­men­heit aus­drückt. Denn das Wesen des Wer­tes ist die Fähig­keit, gleich dem Queck­sil­ber, sich unend­lich zu tei­len und zu ver­bin­den; und die­se Ope­ra­ti­on ver­trägt kei­ne ande­re Ware so gren­zen­los wie das Metall.“

In die­ser fle­xi­blen Quan­ti­fi­zie­rung des Metalls, die dann spä­ter in Georg Sim­mels epo­che­ma­chen­dem Werk Phi­lo­so­phie des Gel­des eine zen­tra­le Rol­le spielt, dort frei­lich anthro­po­lo­gisch begrün­det wird, kommt gewis­ser­ma­ßen als Stei­ge­rung die Qua­li­tät des „edlen Metal­les, des Gol­des und des Sil­bers hin­zu, weil sie müßig gehen, genau genom­men in der Wirt­schaft über­flüs­sig sind.“. Sie kön­nen die Auf­ga­be, als Zwi­schen­trä­ger und als Ver­mitt­ler von Waren umso bes­ser über­neh­men, als sie im indus­tri­el­len Fer­ti­gungs­pro­zess, anders als etwa Eisen, Kup­fer und Zinn, wie Momm­sen sagt, kei­ne Rol­le spie­len, zudem ihr Ver­brauch in einem fes­te­ren Ver­hält­nis zu der „Gesamt­zahl der zivi­li­sier­ten Mensch­heit“ steht als die ande­ren Metal­le . Die­sem Man­gel an öko­no­mi­schen Nut­zen ent­spricht auf der ande­ren Sei­te ein Mehr an Funk­tio­na­li­tät, die für Momm­sen im Papier- bzw. Kre­dit­geld sei­ner Zeit gip­felt. Die­ses Mate­ri­al wird, davon ist Momm­sen über­zeugt, der idea­le und zukunfts­träch­ti­ge Aus­druck der euro­päi­schen Natio­nal­öko­no­mien („die Zet­tel der gro­ßen Gemein­we­sen Euro­pas“) sein, der frei­en Gemein­we­sen, die über Quan­ti­tät und Qua­li­tät des Gel­des selb­stän­dig bestim­men und sich von nie­man­dem Vor­schrif­ten machen las­sen. Die Kop­pe­lung an die Wirt­schafts­kraft und das Gemein­wohl wer­den die „Zet­tel“, wie er das Papier­geld nennt, fes­ter machen, als dies Gold und Sil­ber je errei­chen kön­nen, die bei aller rela­ti­ven Fes­tig­keit doch Schwan­kun­gen unter­wor­fen sind. Hin­ter die­ser Visi­on Momm­sens wird ein Begriff von Geld greif­bar, der dies als Gegen­wert zur Sum­me in einer Natio­nal­öko­no­mie erwirt­schaf­te­ten Güter und Leis­tun­gen begreift, also durch­aus modern ist, und sich von der Theo­rie des Metal­lis­mus und der Waren­theo­rie deut­lich unter­schei­det, die für die anti­ken Ver­hält­nis­se im All­ge­mei­nen als Erklä­rung her­an­ge­zo­gen wer­den und die auch Momm­sen an ande­rer Stel­le zur Erklä­rung infla­tio­nä­rer Ten­den­zen in Anspruch nimmt.

Quel­le: Geld als Kul­tur­leis­tung und als poli­ti­sches Sym­bol. Theo­dor Momm­sen und die anti­ke Goldwährung

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