Von Ralf Keuper
Noch vor zwei Jahren galten die Vertreter der Fintech-Szene in Deutschland als Exoten. In den Banken zeigten nur wenige die Neigung bzw. Bereitschaft, sich näher mit diesem (lästigen) Phänomen zu beschäftigen. Die Hoffnung, dass es sich bei Fintech nur um einen Hype handelt, hat sich nicht erfüllt, wenngleich zum jetzigen Zeitpunkt noch immer nicht klar ist, wohin die Reise geht; werden einige Fintech-Startups zu Einhörnern und damit zu ernstzunehmenden Mitbewerbern der Banken oder aber liegt die Zukunft in der Kooperation, der friedlichen Ko-Existenz.?
Momentan scheint letztere Alternative den größten Zuspruch zu finden. Als eine der ersten Banken setzte die BBVA konsequent auf die Kooperation mit Fintech-Startups. Das kommt nicht nur durch BBVA Ventures, die eine wichtige Niederlassung im Silicon Valley unterhalten, sondern auch durch die Übernahme von Bank Simple und zuletzt Holvi zum Ausdruck.
Die deutschen Banken übten sich lange Zeit in Zurückhaltung. Den ersten Schritt wagte die Commerzbank mit der Gründung des Mainincubators. Nun legt die Deutsche Bank mit der Gründung der “Digitalfabrik” nach und geht sogar noch einen Schritt weiter, indem sie die Bank nahezu vollständig digitalisiert und in ein digitales Ökosystem verwandelt, das auch Dritten den Zugang zu den eigenen Systemen und Kunden gewährt.
Damit geraten die anderen deutschen Banken, insbesondere die Sparkassen und Volksbanken, unter Zugzwang. Im Vergleich zur Deutschen Bank und Commerzbank vermisst man bei den Regionalbanken eine schlüssige digitale Strategie. Mit Fintech tut man sich hier noch schwer.
Aber auch die sog. Challenger-Banken werden von dieser Entwicklung nicht unberührt bleiben, vor allem jene nicht, die schon längere Zeit am Markt sind und noch immer auf den Durchbruch warten. Wenn Fintech zum Standard wird, dann wird es schwer, sich im Wettbewerb zu differenzieren.
Insofern scheint die Argumentation berechtigt, dass Fintech und Banken nach einer Phase der Entfremdung wieder zueinander finden und Banken sich wie selbstverständlich als Fintechs verstehen, wie Christian Rieck schreibt. Die Frage: Banken vs. Fintech-Startups geht also am Kern vorbei.
Die eigentliche Herausforderung für die Banken und Fintech-Startups kommt von den großen digitalen Plattformen, für die Banking ein, aber nicht “der” Service ist.
Es ist daher ein wichtiger und m.E. richtiger Schritt, wenn Banken und Fintech-Startups ihre Gemeinsamkeiten, sowohl technologisch wie auch strategisch, erkennen und kooperieren. Ob es am Ende reicht, um den Stilwandel im Banking zu meistern, wird sich zeigen. Nicht alle sind da zuversichtlich, wie Matthew Lynn in Why big banks won’t be able to join the fintech boom. Andere, wie Irving Wadlawskiy-Berger, sehen das entspannter.
Die Zukunft im Banking gehört digitalen Plattformen mit Anbindung an ein dynamisches Ökosystem. Sie bieten den Kunden eine Vielzahl von Angeboten und Services, die über das reine Bankgeschäft hinausgehen. Plattformen und Ökosysteme, denen es gelingt, die Kunden mit fairen Angeboten und Mehrwertdiensten, die jedem Vergleich standhalten, an sich zu binden, werden erfolgreich sein.