Von Ralf Keuper

Der Bun­des­ver­band Block­chain e.V. hat das Posi­ti­ons­pa­pier Block­chain Chan­cen und Her­aus­for­de­run­gen einer neu­en digi­ta­len Infra­struk­tur für Deutsch­land ver­öf­fent­licht. Dar­in ent­hal­ten ist auch ein Kapi­tel Digi­ta­le Iden­ti­tä­ten. Der Bun­des­ver­band empfiehlt:

  1. Digi­ta­le Signa­tu­ren, wie sie im Zusam­men­hang mit gän­gi­gen Block­chain­pro­to­kol­len Ver­wen­dung fin­den, bedür­fen der recht­li­chen Aner­ken­nung, eben­so wie der hohe Beweis­wert von Blockchaineinträgen.
  2. Die Doku­men­ta­ti­on des Zugriffs auf per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten gemäß der euro­päi­schen Daten­schutz­grund­ver­ord­nung soll auf Basis eines Block­chain­re­gis­ters erfol­gen, anstel­le einer her­kömm­li­chen digi­ta­len Speichermöglichkeit.
  3. Der Staat soll eine Vor­rei­ter­rol­le als Auto­ri­sie­rungs­or­gan ein­neh­men, um bür­ger­zen­trier­te sou­ve­rä­ne digi­ta­le Iden­ti­tä­ten (Iden­ti­tät gehört der Per­son, kei­nem Iden­ti­täts­an­bie­ter) mög­lich zu machen. 
  4. Die Chan­cen und Her­aus­for­de­run­gen für die öffent­li­che Hand als Auto­ri­sie­rungs­or­gan Block­chain­ba­sier­ter Iden­ti­tä­ten soll im Rah­men eines Pilot­pro­jek­tes eva­lu­iert wer­den (Bun­des ID-Chain). Denk­bar ist die schritt­wei­se Ver­le­gung von Behör­den­pro­zes­sen auf eine Block­chain-basier­te Infra­struk­tur. Vor­tei­le sind die Reduk­ti­on von Schnitt­stel­len bei höhe­rer Sicher­heit und gerin­ge­ren Verwaltungskosten.

Die Autoren plä­die­ren für sou­ve­rä­ne selbst­ver­wal­te­te Identitäten:

Nach­dem sich bis­her kein digi­ta­ler Iden­ti­täts­stan­dard durch­set­zen konn­te, ermög­licht die Ent­wick­lung einer sou­ve­rä­nen und selbst­ver­wal­te­ten digi­ta­len Iden­ti­tät, bei der den Bür­gern selbst die Hoheit und die Ver­wal­tung per­sön­li­cher Attri­bu­te und Daten zusteht, eine sinn­vol­le Neu­po­si­tio­nie­rung auf die­sem Gebiet. Ein tech­nisch aus­ge­reif­tes Kon­zept einer sol­chen Iden­ti­tät, das den Bür­ger in den Mit­tel­punkt stellt, erlaubt neue Per­spek­ti­ven in der Umset­zung gesetz­li­cher Regu­la­ri­en wie der euro­päi­schen Daten­schutz-Grund­ver­ord­nung oder der eIDAS-Ver­ord­nung, und setzt einen Gegen­pol zur Par­al­lel­welt digi­ta­ler Iden­ti­tä­ten, die von sozia­len Netz­wer­ken geschaf­fen wur­de (v.a. von Unter­neh­men wie Goog­le, Ama­zon, Face­book, Apple). Der Staat kann hier als ver­trau­ens­wür­di­ges Fun­da­ment die­nen, indem er durch neu ein­zu­rich­ten­de Auto­ri­sie­rungs­stel­len digi­ta­le Iden­ti­tä­ten validiert.

Da stellt sich die Fra­ge, wel­che Infra­struk­tur die sou­ve­rä­ne Ver­wal­tung der digi­ta­len Iden­ti­tä­ten durch die Nut­zer gewähr­leis­ten soll – der Staat als ver­trau­ens­wür­di­ges Fun­da­ment und neu ein­zu­rich­ten­de Auto­ri­sie­rungs­stel­len sind zu unge­nau. War­um neu grün­den? Könn­ten das nicht die Kom­mu­nen über­neh­men? (Vgl. dazu: Die Schlüs­sel­stel­lung der Kom­mu­nen in der Iden­ti­ty Eco­no­my). Könn­te das Pro­jekt FutureID nicht in Rich­tung Block­chain wei­ter­ent­wi­ckelt wer­den? (Vgl. dazu: FutureID: Ein dezen­tra­les Iden­ti­täts­ma­nage­ment-Öko­sys­tem für Euro­pa und dar­über hin­aus). Glei­ches gilt für ISÆN (Vgl. dazu: Siche­res Iden­ti­täts­ma­nage­ment im Inter­net mit ISÆN). Über­le­gens­wert wäre eben­falls, das Pro­jekt Indus­tri­al Data Space mit der Block­chain zu ver­bin­den bzw. die Mög­lich­kei­ten aus­zu­lo­ten. Wir müss­ten also das Rad nicht neu erfinden.

Es wird m.E. dar­auf ankom­men, die bestehen­den, aus­ge­reif­ten Tech­no­lo­gien wie die eID und eIDAS und regu­la­to­ri­sche Bestim­mun­gen wie die GDPR mit der Block­chain zu ver­bin­den. Geklärt wer­den soll­te m.E. auch, wo die Gren­zen für den Ein­satz der Block­chain bei den Digi­ta­len Iden­ti­tä­ten lie­gen bzw. wel­che Anwen­dungs­sze­na­ri­en in Fra­ge kom­men und wel­che nicht. Die Block­chain als Daten­bank umzu­funk­tio­nie­ren wäre kon­tra­pro­duk­tiv. Der Blick soll­te auch auf die umge­ben­den Sys­te­me gerich­te­te wer­den, die off-chain Appli­ka­tio­nen (Daten­ban­ken, Daten­feeds, Clea­ring­stel­len etc.), ohne dies es nicht gehen wird.

Alles in allem ein wich­ti­ger Bei­trag zur Debatte.

Cross­post von Iden­ti­ty Economy

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