Nach Hitlers Machtergreifung begannen für die deutschen Juden bittere Jahre der Verfolgung und Unterdrückung. Dieser Prozeß, der schließlich im millionenfachen Mord gipfelte, ist von der deutschen und internationalen Geschichtswissenschaft intensiv erforscht worden . Ein Aspekt aber, nämlich die Vernichtung der wirtschaftlichen Existenzgrundlagen von Juden nach 1933, ist dabei etwas unterbelichtet geblieben. Vor allem gilt dies für den Bereich der Privatwirtschaft, schon weil es hier meist nicht einfach war, an die wirklich einschlägigen Quellen heranzukommen. …
Die erhaltenen Unterlagen des Personal-Sekretariats erlauben es beispielsweise, die „Entjudung” einer deutschen Großbank für alle Hierarchieebenen von der Geschäftsleitung über die Filialdirektionen bis zu den Sekretärinnen und Büroboten zu rekonstruieren. Dabei ist hervorzuheben, daß die Vorgänge bei der Verdrängung der Juden aus der Dresdner Bank wohl kaum als typisch für die „Entjudung” der deutschen Wirtschaft anzusehen sind, da sich die Bank von Mitte 1931 bis Ende 1937 überwiegend im Besitz der öffentlichen Hand befand und eine staatliche Einflußnahme auf die Personalpolitik des Unternehmens deswegen viel direkter möglich war als in der Privatwirtschaft. Für das Bankwesen, in dem der Anteil der jüdischen Beschäftigten Anfang der dreißiger Jahre außergewöhnlich hoch war, dürfte die Entwicklung aber durch-
aus repräsentativ gewesen sein, und zwar nicht zuletzt deshalb, weil der Staat aufgrund seiner Mehrheitsbeteiligungen seit der Bankenkrise 1931 neben den zahlreichen öffentlichen Banken auch viele andere bedeutende und ehemals rein private Kreditinstitute direkt beeinflußen konnte.
Quelle / Link: Die Verdrängung der Juden aus der Dresdner Bank 1933–1938