Von Ralf Keuper
Seit län­ge­rer Zeit wird die For­de­rung erho­ben, Ban­ken müss­ten sich in Soft­ware­un­ter­neh­men ver­wan­deln. Ange­sichts der Ver­brei­tung von Fin­tech sei dies unumgänglich. 
Ist das so?
Jetzt könn­te man über die Unter­schie­de einer Insti­tu­ti­on wie einer Bank und einem Fin­tech-Start­up dis­ku­tie­ren. Das soll hier aber nicht das The­ma sein.
Statt­des­sen soll hier die Fra­ge erör­tert wer­den, ob man eine Bank als Soft­ware­platt­form ver­ste­hen kann. Einen guten Ein­stieg in das The­ma Soft­ware- bzw. Com­pu­ter­platt­for­men lie­fert Ger­ben Wier­da in A tale of appli­ca­ti­on ratio­na­liza­ti­on. An den Anfang stellt er die Bemerkung:

The new appli­ca­ti­on that replaces seve­ral old ones often isn’t an appli­ca­ti­on at all, it’s a platt­form. And that matters. 

In den Ban­ken ist man eigent­lich stän­dig damit beschäf­tigt, die Sys­tem­land­schaft umzu­bau­en, sei es aus regu­la­to­ri­schen und geschäft­li­chen Grün­den, oder ein­fach des­halb, weil die Appli­ka­tio­nen alters­be­dingt aus­ge­wech­selt wer­den müs­sen. Da geht schnell die Über­sicht ver­lo­ren, was ver­ständ­lich ist, da bei genaue­rem Hin­se­hen oft eine Spa­ghet­ti-Infra­struk­tur zum Vor­schein kommt, die sich, wenn über­haupt, nur unter hohem Auf­wand ent­flech­ten lässt. Kann die Unter­schei­dung zwi­schen Appli­ka­tio­nen und Platt­for­men hier für mehr Klar­heit sor­gen? Wier­da schreibt: 

While ope­ra­ting sys­tems are plat­forms, not all plat­forms are ope­ra­ting systems. 

Aus wie vie­len Appli­ka­tio­nen und Platt­for­men setzt sich die her­kömm­li­che IT-Sys­tem­land­schaft einer Bank zusam­men? Las­sen sich 45 Betriebs­sys­te­me auf ledig­lich vier redu­zie­ren, wie das die Deut­sche Bank ver­su­chen will?
Da kann man nur sagen: Good luck!
Die Lage ist zer­fah­ren – so oder so. Ban­ken wie wir sie noch ken­nen, las­sen sich kaum bis gar nicht mehr in eine Soft­ware­platt­form ver­wan­deln; jeden­falls nicht, wenn man James Bri­an Quinn folgt, der unter der Über­schrift Inter­ac­ting Sub­sys­tems, Not Mega­sys­tems bemerkt:

First, end-to-end inte­gra­ti­on through a sin­gle mega­sys­tem is extre­me­ly dif­fi­cult to accom­plish. Tho­se who have been most suc­cessful at inte­gra­ti­on have usual­ly con­cen­tra­ted indi­vi­du­al­ly on the three cri­ti­cal sub­sy­tems (of data­ba­ses, engi­nes, and mar­ket con­nec­tions) and used careful­ly pre­de­fi­ned inter­face stan­dards to link them effec­tively. This enables each sub­sys­tem to con­tri­bu­te as quick­ly as pos­si­ble, allows incre­men­tal imple­men­ta­ti­on and inter­ac­ti­ve lear­ning, and avo­ids the long and cos­t­ly deve­lo­p­ment times for which mega­sys­tems are so noto­rious (in: Inno­va­ti­on Explosion)

Das wie­der­um ist Vor­aus­set­zung dafür, dass die viel geprie­se­nen Daten­schät­ze geho­ben wer­den können:

In some ser­vice indus­tries – like ban­king, publi­shing, com­mu­ni­ca­ti­ons or enter­tain­ment – it soon beca­me pos­si­ble to dis­ag­gre­ga­te the cri­ti­cal units of ser­vice acti­vi­ty into digit­zed sequen­ces, elec­tro­nic packets, data blocks, or bytes of infor­ma­ti­on that could bei end­less­ly com­bi­ned or mani­pu­la­ted for new effects or to satis­fy indi­vi­du­al cus­to­mer and ope­ra­ting needs. .. In all indus­tries, see­king out such micro-units enables the hig­hest pos­si­ble degree of seg­men­ta­ti­on, stra­te­gic fine-tuning, value added defi­ni­ti­on, and cost con­trol to help con­nect and tar­get new inno­va­tions in the mar­ket­place (ebd.).

Dahin­ter ver­birgt sich ein völ­lig ande­res Bild einer Bank. Ban­ken wer­den sich in Soft­ware­platt­for­men ver­wan­deln bzw. sich ihnen anglei­chen. Ob das aller­dings noch “die” Ban­ken sind, wie wir sie heu­te noch ken­nen, ist frag­lich. Der Begriff “Bank” wird sich eben­falls wan­deln. Die Bank wird ein Soft­ware­lay­er von vie­len sein. 

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