Seit längerer Zeit wird die Forderung erhoben, Banken müssten sich in Softwareunternehmen verwandeln. Angesichts der Verbreitung von Fintech sei dies unumgänglich.
Ist das so?
Jetzt könnte man über die Unterschiede einer Institution wie einer Bank und einem Fintech-Startup diskutieren. Das soll hier aber nicht das Thema sein.
Stattdessen soll hier die Frage erörtert werden, ob man eine Bank als Softwareplattform verstehen kann. Einen guten Einstieg in das Thema Software- bzw. Computerplattformen liefert Gerben Wierda in A tale of application rationalization. An den Anfang stellt er die Bemerkung:
The new application that replaces several old ones often isn’t an application at all, it’s a plattform. And that matters.
In den Banken ist man eigentlich ständig damit beschäftigt, die Systemlandschaft umzubauen, sei es aus regulatorischen und geschäftlichen Gründen, oder einfach deshalb, weil die Applikationen altersbedingt ausgewechselt werden müssen. Da geht schnell die Übersicht verloren, was verständlich ist, da bei genauerem Hinsehen oft eine Spaghetti-Infrastruktur zum Vorschein kommt, die sich, wenn überhaupt, nur unter hohem Aufwand entflechten lässt. Kann die Unterscheidung zwischen Applikationen und Plattformen hier für mehr Klarheit sorgen? Wierda schreibt:
While operating systems are platforms, not all platforms are operating systems.
Aus wie vielen Applikationen und Plattformen setzt sich die herkömmliche IT-Systemlandschaft einer Bank zusammen? Lassen sich 45 Betriebssysteme auf lediglich vier reduzieren, wie das die Deutsche Bank versuchen will?
Da kann man nur sagen: Good luck!
Die Lage ist zerfahren – so oder so. Banken wie wir sie noch kennen, lassen sich kaum bis gar nicht mehr in eine Softwareplattform verwandeln; jedenfalls nicht, wenn man James Brian Quinn folgt, der unter der Überschrift Interacting Subsystems, Not Megasystems bemerkt:
First, end-to-end integration through a single megasystem is extremely difficult to accomplish. Those who have been most successful at integration have usually concentrated individually on the three critical subsytems (of databases, engines, and market connections) and used carefully predefined interface standards to link them effectively. This enables each subsystem to contribute as quickly as possible, allows incremental implementation and interactive learning, and avoids the long and costly development times for which megasystems are so notorious (in: Innovation Explosion)
Das wiederum ist Voraussetzung dafür, dass die viel gepriesenen Datenschätze gehoben werden können:
In some service industries – like banking, publishing, communications or entertainment – it soon became possible to disaggregate the critical units of service activity into digitzed sequences, electronic packets, data blocks, or bytes of information that could bei endlessly combined or manipulated for new effects or to satisfy individual customer and operating needs. .. In all industries, seeking out such micro-units enables the highest possible degree of segmentation, strategic fine-tuning, value added definition, and cost control to help connect and target new innovations in the marketplace (ebd.).
Dahinter verbirgt sich ein völlig anderes Bild einer Bank. Banken werden sich in Softwareplattformen verwandeln bzw. sich ihnen angleichen. Ob das allerdings noch “die” Banken sind, wie wir sie heute noch kennen, ist fraglich. Der Begriff “Bank” wird sich ebenfalls wandeln. Die Bank wird ein Softwarelayer von vielen sein.