Von Ralf Keuper
Um die Veränderungen, die sich im Banking derzeit an vielen Stellen vollziehen, auf eine Formel, ein Schlagwort zu bringen, greifen viele zu den Begriffen “Revolution” oder “Disruption”, weniger umstürzlerisch gesinnte dagegen sprechen lieber von “Evolution” oder “Transformation”.
Bleiben wir bei der Revolution oder Disruption, obgleich beide Begriff nicht gleichgesetzt werden können. Allerdings werden sie gerne synonym verwendet, um den epochalen Wandel zu beschreiben, der sich ihrer Ansicht nach derzeit Bahn bricht.
Da trifft es sich gut, dass ein aktueller Beitrag in Merkur – Zeitschrift für Europäisches Denken sich in dem Beitrag Die Möglichkeit der Revolution des zeitlosen Phänomens der Revolution annimmt. Wenngleich in dem Text an keiner Stelle von Banken die Rede ist (wozu auch?), liefert er m.E. einige wichtige Gedanken, die zu einem besseren Verständnis, einer besseren Einordnung der Geschehen beitragen können, die im Banking momentan im Gange sind.
Sofern ich den Autor Christoph Menke richtig verstanden habe, ist eine Revolution für ihr Gelingen auf einen hohen Formalisierungs‑, Rationalisierungs- und Disziplinierungsgrad in der Gesellschaft angewiesen. Das ist jedoch nur die nötige, nicht aber die hinreichende Bedingung. Der Autor räumt in dem Beitrag auch mit der weit verbreiteten Ansicht auf, dass aus einer Krise automatisch eine Revolution folgt. Zwar hat eine Revolution ohne vorausgegangene Krise kaum eine Chance; daraus den Schluss zu ziehen, dass auf eine Krise, mag sie auch als noch so bedrückend empfunden werden, die Revolution auf dem Fuße folgt, ist überzogen.
Die Revolution ist nicht die Lösung irgendeiner Krise. Sie ist nichts anderes als der Neuanfang einer Geschichte, in der es Neuanfänge gibt. Die Revolution fängt das Anfangen an.
Eine echte Revolution ist anders:
Die Revolution ist eine ontologische Tat. Sie verändert nicht nur, was die Dinge sind, sondern wie sie sind: ihre Seinsweise.
Momentan erleben wir im Banking einen tiefgreifenden Struktur- und Stilwandel. Prägend für unsere Zeit ist der Übergangsstil im Sinne von Friedrich Jodl. Von einer Revolution können wir m.E. dann sprechen, wenn sich die ersten originalen Stile im Banking bilden bzw. durchsetzen, welche die Seinsweise im Banking verändern. Die Digitalisierung ist hierbei nur ein Stilmittel von vielen.