Von Ralf Keuper

Es ist nicht mehr zu über­se­hen, dass sich die Deut­sche Bank in einer exis­ten­zi­el­len Kri­se befin­det. Zum jet­zi­gen Zeit­punkt kön­nen wir nur dar­über spe­ku­lie­ren, ob die Deut­sche Bank die­se schwie­ri­ge und in ihrer Geschich­te ein­ma­li­ge Pha­se erfolg­reich meis­tern wird. Gedan­ken­gän­ge die­ser Art wären in den 1980er oder 1990er Jah­ren als Pha­nas­te­rei abge­tan wor­den. Damals hät­te sich kaum einer vor­stel­len kön­nen, dass Deutsch­lands mit Abstand größ­te Bank so ein dif­fu­ses Bild abge­ge­ben könn­te, wie es dem Betrach­ter seit eini­gen Jah­ren dar­ge­bo­ten wird. Im Jahr 1985 noch titel­te der Spie­gel Welt­macht Deut­sche Bank, was kei­nes­falls iro­nisch gemeint war. Zu dem Zeit­punkt befand sich die Deut­sche Bank auf dem Höhe­punkt, der, wie wir heu­te wis­sen, gleich­zei­tig der Schei­tel­punkt war. Den Wen­de­punkt hat­te man schon damals pas­siert, der m.E. mit dem Aus­lau­fen der Deutsch­land AG zusam­men fällt.

Bei der Deutsch­land AG han­del­te es sich um eine im inter­na­tio­na­len Ver­gleich ein­ma­li­ge Ver­bin­dung zwi­schen gro­ßen Indus­trie­un­ter­neh­men und füh­ren­den Banken.

Zitat Wiki­pe­dia:

Als Zen­trum der Deutsch­land AG wur­den in der zwei­ten Hälf­te des 20. Jahr­hun­derts die gro­ßen deut­schen Finanz­in­sti­tu­te, ins­be­son­de­re die Deut­sche Bank und die Alli­anz, mit ihren gro­ßen Indus­trie­be­tei­li­gun­gen ange­se­hen. Mit Beschrän­kung der Anzahl der Auf­sichts­rats­man­da­te und der zuneh­men­den Inter­na­tio­na­li­sie­rung der Kapi­tal­märk­te sowie einem Abbau der Kapi­tal­be­tei­li­gun­gen ab den 1990er Jah­ren wird zuneh­mend von einem Ende der Deutsch­land AG gespro­chen, zumin­dest jedoch eine Abnah­me der Macht der gro­ßen deut­schen Finanz­in­sti­tu­te konstatiert.

Die Fra­ge, ob die Ban­ken ihre Macht über ihre direk­ten Betei­li­gun­gen an gro­ßen Indus­trie­un­ter­neh­men sowie die hohe Anzahl von Auf­sichts­rats­man­da­ten für eige­ne Zwe­cke miss­brau­chen wür­den, beschäf­tig­te die Gemü­ter bereits in den 1960er Jah­ren. Bei­spiel­haft dafür ist das sog. lex Abs, benannt nach dem lang­jäh­ri­gen Vor­stands­chef und Auf­sichts­rats­vor­sit­zen­den Her­mann-Josef Abs. Noch im Jahr 1989 sah sich Alfred Herr­hau­sen ver­an­lasst, in Ban­ken­macht in einer demo­kra­ti­schen Gesell­schaft Posi­ti­on zu beziehen.

Wie aus dem Wiki­pe­dia-Zitat her­vor­geht, waren die gro­ßen Ban­ken in Deutsch­land, Deut­sche Bank, Dresd­ner Bank und Com­merz­bank, spä­tes­tens in den 1990er Jah­ren gezwun­gen, nach ande­ren Erlös­quel­len Aus­schau zu hal­ten. Vor­bei waren die Zei­ten, als die Deut­sche Bank den Umbau der Daim­ler-Benz AG und ande­rer Kon­zer­ne mit gestal­ten und dabei mit­ver­die­nen konn­te. Kein ande­rer Ban­kier der Nach­kriegs­zeit in Deutsch­land beherrsch­te die­ses Geschäft so sou­ve­rän wie der bereits erwähn­te Her­mann-Josef Abs. Doch schon in den 1970er Jah­ren nahm die Kri­tik an den Fähig­kei­ten der Ban­ken­ver­tre­ter in den Auf­sichts­rä­ten deut­scher Unter­neh­men zu, wie in dem Bei­trag Auf­sichts­rä­te: Gar nichts gemerkt.

Inso­fern steht der Abschied von der Deutsch­land AG, jeden­falls in ihrer ursprüng­li­chen Form, für einen Stil­wan­del, wenn nicht Stil­bruch im deut­schen Ban­king, den vor allem die Deut­sche Bank bis heu­te nicht ver­ar­bei­tet hat. Die Dresd­ner Bank, die ehe­ma­li­ge Nr. 2,  exis­tiert schon gar nicht mehr.

Bei der Suche nach einem neu­en Geschäfts­mo­dell ent­deck­te die Deut­sche Bank bereits Mit­te der 1980er den Reiz des Invest­ment-Ban­king. Unter Josef Acker­mann wur­de das Invest­ment­ban­king zur tra­gen­den Säu­le der Bank.

Nach­dem die gol­de­nen Zei­ten im Invest­ment­ban­king vor­erst vor­bei sind, steht die Deut­sche Bank vor der Fra­ge, wor­in ihre eigent­li­che Bestim­mung liegt: Fir­men­kun­den­ge­schäft, Aus­lands­ge­schäft, Pri­vat­kun­den­ge­schäft, Invest­ment­ban­king light? Ist das Modell einer Uni­ver­sal­bank noch realistisch?

Da ist die Com­merz­bank wei­ter. Dort hat man zumin­dest eine Vor­stel­lung davon, wie man sich in Zukunft als Bank in einem dyna­mi­schen Markt­um­feld, das von einer fort­schrei­ten­den Digi­ta­li­sie­rung, einem Wer­te­wan­del und neu­en Mit­be­wer­bern geprägt ist, behaup­ten will.

Eine Rück­kehr in die gute alte Zeit der Deutsch­land AG wird es nicht geben.

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