Chris­ti­an Brüseke

Wer sei­nen Kun­den, des­sen Wün­sche und Bedürf­nis­se kennt, hat im Wett­be­werb bes­se­re Chan­cen, sei­ne Pro­duk­te und Ser­vices an den Mann bzw. die Frau zu brin­gen. Das gilt gera­de auch für Finanz­dienst­leis­ter und ist ein Grund, wie­so die Bran­che gro­ße Sum­men in Maß­nah­men zum Online-Mar­ke­ting inves­tiert. „Know your Cus­to­mer”, kurz KYC, ist daher aktu­ell ein viel zitier­ter Begriff, wenn es um Digi­ta­li­sie­rung und die Zukunft von Ban­ken geht. Aller­dings hat KYC für Ban­ken noch eine ganz ande­re Bedeu­tung: Geset­ze und Vor­schrif­ten ver­lan­gen eine nach­voll­zieh­ba­re Legi­ti­ma­ti­ons­prü­fung aller Kun­den, um bei­spiels­wei­se Geld­wä­sche zu ver­hin­dern. Was im Pri­vat­kun­den­um­feld durch Ver­fah­ren wie Post­ID und Web­ID noch rela­tiv ein­fach umzu­set­zen ist, gestal­tet sich bei Geschäfts­kun­den ungleich schwie­ri­ger. Im Gespräch mit Bank­stil erläu­tert Chris­ti­an Brü­seke, Geschäfts­füh­rer der Avo­ka (Ger­ma­ny) GmbH (Foto), wor­auf es bei KYC ankommt und mit wel­chen Tech­no­lo­gien Ban­ken die Com­pli­ance-Vor­ga­ben erfül­len können.

  • Wie­so ist es im Zeit­al­ter der Digi­ta­li­sie­rung noch schwie­rig, einen Kun­den 100%ig zu iden­ti­fi­zie­ren? Wo lie­gen die Herausforderungen?

Digi­ta­li­sie­rung und Mobi­li­tät haben das Bank­ge­schäft dras­tisch ver­än­dert und beschleu­nigt. Wir sind es heu­te gewohnt, von über­all Anfra­gen mit dem Smart­phone zu stel­len und direkt eine Ant­wort zu erhal­ten. Und genau das erwar­ten wir auch von unse­ren Ban­ken, zum Bei­spiel, wenn wir ein Kon­to eröff­nen oder einen Raten­kre­dit bean­tra­gen. Die­se Erwar­tungs­hal­tung besteht mitt­ler­wei­le nicht nur im Pri­vat­kun­den- son­dern auch im Firmenkundengeschäft.

Die größ­ten Her­aus­for­de­run­gen sind hier das Onboar­ding und dann vor allem der geset­zes­kon­for­me Authen­ti­fi­zie­rungs­pro­zess. Ban­ken müs­sen aus regu­la­to­ri­schen Grün­den für jeden Kun­den, mit dem sie eine Geschäfts­be­zie­hung ein­ge­hen, den Nach­weis erbrin­gen, dass sie ihn genau durch­leuch­tet haben. Sie müs­sen wis­sen, um wen es sich han­delt, wer dahin­ter steht, wel­che Per­so­nen im Spiel sind und wel­che Netz­wer­ke vor­lie­gen. Nur so kön­nen sie sicher sein, dass Geld, das von A nach B fließt, nicht aus irgend­wel­chen ille­ga­len Geschäf­ten stammt. Aber, wie kann ich als Bank in Sekun­den­bruch­tei­len sicher­stel­len, dass ein poten­ti­el­ler Kun­den kon­form oder eine Trans­ak­ti­on mit einem Bestands­kun­den legal ist?

  • Nach dem „Onboar­ding” weiß ich aber doch, mit wem ich Geschäf­te machen. Oder ist das wirk­lich für jede Trans­ak­ti­on relevant?

Es ist gera­de im Geschäfts­kun­den­seg­ment lei­der tat­säch­lich bei jeder Trans­ak­ti­on wich­tig. Aber es kommt eine zwei­te Kom­po­nen­te hin­zu, die Ver­gan­gen­heit. Ein Bei­spiel ver­deut­licht die Pro­ble­ma­tik: Bei einem unse­rer Kun­den war die Regu­lie­rungs­be­hör­de vor Ort und hat bei der Prü­fung der Bücher fest­ge­stellt, dass zwei Mil­lio­nen Fir­men­kun­den aus dem Bestand den Prü­fun­gen nicht stand­hal­ten. Der Regu­la­tor hat dar­auf­hin ver­langt, dass die­ses Pro­blem in kür­zes­ter Zeit gelöst wird. Die Bank hat die Pflicht, auch rück­wir­kend für ihre Fir­men­kun­den fest­zu­stel­len, ob ihre Kun­den den Anfor­de­run­gen genügen.

  • Ist das nicht eher ein Kon­to­er­öff­nungs- bzw. Legi­ti­ma­ti­ons­pro­blem und kei­ne Fra­ge für die IT?

Die Geset­ze sind in den letz­ten Jah­ren immer schär­fer gewor­den und die Ban­ken haben – das muss man so fest­stel­len – die­sem The­ma nicht die not­wen­di­ge Auf­merk­sam­keit bei­gemes­sen. Man hat an Kun­den genom­men, was kam. Das hat sich geän­dert. Dadurch, dass die Geset­ze geän­dert wur­den und immer genau­er hin­ge­schaut wird. Das ist bei Neu­kun­den schon schwie­rig genug, aber umso schwie­ri­ger bei Bestands­kun­den. Die Bank mit den zwei Mil­lio­nen zu über­prü­fen­den Kun­den (sie­he oben) hat den Auf­wand abge­schätzt und kam zu dem Ergeb­nis, dass sie 2.000 Mit­ar­bei­ter hät­te ein­stel­len müs­sen, um die Vor­gän­ge manu­ell zu bear­bei­ten. Das hät­te geschätzt drei Jah­re gedau­ert und müss­te nach aktu­el­lem Stand nach sechs Jah­ren zumin­dest für Fir­men­kun­den wie­der­holt wer­den. Die­ser Pro­zess konn­te zum Glück kom­plett digi­ta­li­siert wer­den und die Bank kann die­se Bug­wel­le, die sie vor sich her­schiebt, rela­tiv zügig abar­bei­ten. Das ver­deut­licht die Bedeu­tung der IT und ent­spre­chen­der Soft­ware-Lösun­gen in die­sem Umfeld.

  • Wo kommt bei all dem Ihr Unter­neh­men ins Spiel?

Bei der Legi­ti­ma­ti­on von Neu­kun­den kann mit einer Platt­form wie Avo­ka ein Pro­zess defi­niert wer­den, der ite­ra­tiv arbei­tet und dabei nicht nur mit den Ban­ken­sys­te­men, son­dern auch mit ver­schie­de­nen aus­kunft­ge­ben­den Dienst­leis­tern ver­knüpft ist. Im Onboar­ding-Pro­zess wird fest­ge­legt, wel­che Daten abge­fragt wer­den und über eine Wei­che zu einem wei­te­ren Sys­tem wer­den die­se Daten dann bestä­tigt: Ist das tat­säch­lich Chris­ti­an Brü­seke?; Ist das wirk­lich die Mus­ter­mann GmbH?; Sitzt die Fir­ma immer noch in Esch­born?, usw.. Die­ser Pro­zess läuft auto­ma­tisch im Hin­ter­grund, ange­fragt wer­den dabei in Deutsch­land etwa die Schufa, Cre­dit­re­form oder CRIFBÜRGEL, um direkt auf Han­dels­re­gis­ter­ein­trä­ge, Jah­res­ab­schlüs­se, Orga­ni­sa­ti­ons­charts etc. zugrei­fen zu können. 

  • Ist so etwas im E‑Commerce oder bei Pay­ment-Pro­vi­dern nicht gang und gäbe und damit leicht zu realisieren?

Natür­lich hat eine Bank heu­te die Mög­lich­keit, eine Schufa-Aus­kunft ein­zu­ho­len – und das wird ja auch gemacht. Aber die­se Schufa-Aus­kunft sagt nur, ob Chris­ti­an Brü­seke kre­dit­wür­dig ist. Aber womit ver­dient Chris­ti­an Brü­seke sein Geld? Und wohnt er noch an der ange­ge­be­nen Anschrift? Mit wem hat er Geschäfts­be­zie­hun­gen? Auf der Pri­vat­kun­den­sei­te ist das kom­plex aber noch beherrsch­bar. Auf der Fir­men­kun­den­sei­te ist das eine völ­lig ande­re Geschich­te! Da reicht es nicht, Online-Pro­fi­le und Social Media zu inte­grie­ren und zu ana­ly­sie­ren, hier müs­sen bei­spiels­wei­se Han­dels­re­gis­ter­ein­trä­ge und Orga­ni­sa­ti­ons­charts geprüft wer­den, das ist ein kom­ple­xer und momen­tan noch sehr papier­be­haf­te­ter Prozess.

  • Kann man sagen, je ein­fa­cher und schnel­ler es für den Kun­den wird, umso kom­ple­xer wird es für die Banken?

Ja! Genau hier liegt die Her­aus­for­de­rung. Hin­zu kommt ja, dass sich Vor­schrif­ten nicht nur per­ma­nent ändern, son­dern auch stän­dig mehr wer­den. Umso wich­ti­ger ist es dann, ein Sys­tem zu nut­zen, das mög­lichst fle­xi­bel ist und mit den Kun­den und Geset­zen wächst und ihnen gerecht wird. Es muss mög­lich sein, Ände­run­gen vor­zu­neh­men, ohne dass gleich Jah­re an Ent­wick­lungs­ar­beit dazu nötig sind.

  • Die Ban­ken­sys­te­me sind über die Jah­re gewach­sen und haben gigan­ti­sche Aus­ma­ße ange­nom­men. Macht ein ein­heit­li­ches Sys­tem wie Avo­ka die Anbin­dung an die­se Sys­te­me leichter?

Den Anspruch haben wir zumin­dest. Wir haben Pro­jek­te, etwa mit HSBC, wo wir KYC mit Cus­to­mer Onboar­ding ver­knüp­fen. Einer der welt­weit größ­ten Dienst­leis­ter in die­sem Sek­tor ist die Fir­ma Expe­ri­an, mit der wir eine enge Part­ner­schaft pfle­gen. Ich sehe gro­ße Chan­cen in die­sem Bereich, weil das The­ma ein rie­si­ger „Pain-Point” für alle ist und den Ban­ken auf den Nägeln brennt. Mit uns las­sen sich KYC und Cus­to­mer Onboar­ding mit Digi­tal Sales ver­bin­den – das ist ein star­kes Pfund, mit dem die Ban­ken arbei­ten können.

  • Herr Brü­seke, vie­len Dank für das Gespräch! 

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