Von Ralf Keuper

In den 1960er und 1970er Jah­ren stand das, was wir heu­te unter Digi­ta­li­sie­rung ver­ste­hen, noch am Anfang. Zu der Zeit waren bereits eini­ge Com­pu­ter-Her­stel­ler in Deutsch­land aktiv, wie Nix­dorf, Kienz­le, Anker oder Zuse. Jeden­falls erkann­ten meh­re­re fin­di­ge Unter­neh­mer die Chan­cen, wel­che die Com­pu­te­ri­sie­rung in den Unter­neh­men bot. Dar­un­ter befand sich auch Gün­ter Wag­ner, der im Jahr 1969 die Wag­ner Com­pu­ter GmbH grün­de­te, wie in Gau­ner, Gel­der und Com­pu­ter auf dem emp­feh­lens­wer­ten Blog des Heinz-Nix­dorf-Muse­ums­Fo­rums berich­tet wird. Wag­ner über­nahm zunächst die Micro­da­ta. Danach brach­te Wag­ner-Com­pu­ter ein rech­ner­ge­steu­er­tes Lehr­sys­tem – Edu­ca­tor – auf den Markt.

Kurz dar­auf beschloss Wag­ner im gro­ßen Stil in die Fer­ti­gung von Com­pu­tern ein­zu­stei­gen. Das dafür nöti­ge Kapi­tal beschaff­te er sich durch einen unkon­ven­tio­nel­len, aber durch­aus legi­ti­men Schach­zug: Er über­nahm die noch an der Ham­bur­ger Bör­se zu dem Zeit­punkt noch gehan­del­ten Akti­en der Kame­run-Eisen­bahn-Gesell­schaft und nann­te sie in Kame­run-Eisen­bahn-Gesell­schaft – Wag­ner Com­pu­ter AG um. Mit einem Schlag war aus der Wag­ner Com­pu­ter GmbH die Wag­ner-Com­pu­ter AG gewor­den. Nun konn­te das für das Wachs­tum nöti­ge Kapi­tal durch die Aus­ga­be neu­er Akti­en beschafft wer­den[1]Schlech­te Fäl­le. Als den Ban­ken bzw. dem Bör­sen­vor­stand die Ange­le­gen­heit suspekt wur­de und den Han­del stopp­te, konn­te Wag­ner einen Spross der Clop­pen­burg-Tex­til­dy­nas­tie als Inves­tor gewin­nen, der dann für 36 Mil­lio­nen DM Akti­en der AG kauf­te[2]Wag­ners Göt­ter­däm­me­rung[3]Wag­ner-Com­pu­ter: Die Lage scheint hoff­nungs­los. Wei­te­re 60 Mil­lio­nen stamm­ten von 1.600 Anle­gern, die als Kom­man­di­tis­ten sei­ner fünf Pro­duk­ti­ons­ge­sell­schaf­ten ein­stie­gen. Im Gegen­zug erhiel­ten sie steu­er­spa­ren­de Ver­lust­zu­wei­sun­gen nach dem dama­li­gen Ber­lin-Hil­fe-Gesetz. Der Ver­bleib des Gel­des blieb ungeklärt.

Damals wur­de Gün­ter Wag­ner in der Wirt­schafts­pres­se als “Finanz­ge­nie” und als jemand mit dem Hang zur ele­gan­ten Finan­zie­rung bezeichnet.

Gün­ter Wag­ner muss­te sich wegen diver­ser Wirt­schafts­de­lik­te vor Gericht ver­ant­wor­ten. 1978 wur­de er vom Ber­li­ner Land­ge­richt zu einer Frei­heits­stra­fe von sechs Jah­ren ver­ur­teilt. Der Bun­des­ge­richts­hof hob das Urteil jedoch im Jahr 1979 wie­der auf.

In den Jah­ren danach trat Gün­ter Wag­ner noch häu­fi­ger als Unter­neh­mer und Inves­tor in Erschei­nung – mit wenig Erfolg.