Von Ralf Keuper

In ihrem Essay Deut­sche Bank. Sie nen­nen es Ster­be­haus por­trai­tie­ren Marc Brost und Andre­as Vei­el den Abstieg der Deut­schen Bank am Bei­spiel eines unschein­ba­ren Hau­ses in unmit­tel­ba­rer Nach­bar­schaft der Zwil­lings­tür­me in Frank­furt. In die­sem Gebäu­de resi­die­ren zahl­rei­che ehe­ma­li­ge Vor­stän­de der Deut­schen Bank, jedoch in einem deut­lich beschei­de­ne­ren Ambi­en­te, als zu ihrer akti­ven Zeit. Im Ver­gleich zu frü­her bewoh­nen sie heu­te Schuh­kar­tons in Büro­form. Die Autoren beschrei­ben das Kli­ma, das über Jahr­zehn­te in der Deut­schen Bank vor­herr­schend war, und von gegen­sei­ti­gem Miss­trau­en geprägt wur­de, was aber für Groß­kon­zer­ne nicht unüb­lich ist. Im Jahr 1985, als sich sich auf ihrem Höhe­punkt befand, wid­me­te der Spie­gel der Bank die Titel­ge­schich­te Welt­macht Deut­sche Bank.

So ändern sich die Zeiten.

Im Grun­de genom­men bestä­tigt der Bericht das, was Lud­wig Poul­lain in sei­ner Unge­hal­te­nen Rede der Bran­che ins Stamm­buch schrieb.

Obwohl in ein Neben­ge­bäu­de abge­scho­ben und ohne Macht­ba­sis, bewe­gen sich die Ex-Vor­stän­de in dem Gefühl, noch immer Teil einer beson­de­ren Gemein­schaft, eines “Ordens” zu sein. Wie John Ken­neth Gal­braith ein­mal schrieb, ver­ges­sen ehe­ma­li­ge Top-Mana­ger nur all­zu ger­ne, dass es die Orga­ni­sa­ti­on war, die sie trug und nicht umge­kehrt. Das wie­der­um bedeu­tet, dass sie mit ihrem Aus­schei­den ihren Nim­bus ver­lie­ren. Auf ein­mal ist der Kai­ser nackt. Gut nach­voll­zieh­bar, dass mit die­ser neu­en Situa­ti­on nicht jeder fer­tig wird und dem Leben in einer Schein­welt den Vor­zug gibt. Das kann dann schon mal For­men anneh­men, wie sie Franz Kaf­ka in sei­nem unvoll­ende­ten Roman Das Schloss beschrei­ben hat 😉

John Ken­neth Galbraith:

Stets tra­gen die Men­schen ent­we­der die Orga­ni­sa­ti­on oder wer­den von ihr getra­gen. .. Wer auf­grund sei­ner Orga­ni­sa­ti­on Anse­hen genießt, wird fast unwei­ger­lich die­se Ver­diens­te der eige­nen Per­sön­lich­keit zuschrei­ben. Hier­für gibt es einen unfehl­ba­ren Test: Man muss nur beob­ach­ten, was aus dem ein­zel­nen wird, wenn er aus der Orga­ni­sa­ti­on aus­schei­det. … Doch für nie­man­den ist der Über­gang so dras­tisch wie für den Wirt­schafts­füh­rer. .. Nach sei­nem letz­ten Flug im fir­men­ei­ge­nen Pri­vat-Jet bleibt ihm nur noch ein Ehren­amt im Auf­sichts­rat und manch­mal nicht ein­mal das. Nie­mand inter­es­siert sich für sei­ne Memoi­ren; Wohl­tä­tig­keits­ge­sell­schaf­ten ver­lan­gen nach einem Mann, der noch mit bei­den Bei­nen im Wirt­schafts­le­ben steht; nur in der Kir­che kann er noch eine öffent­li­che Auf­ga­be erfül­len, erst am Tag nach sei­nem Able­ben wird sein Name wie­der in den Zei­tun­gen ste­hen. (in: Die moder­ne Industriegesellschaft)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert