Von Ralf Keuper

Die digi­ta­le Wäh­rung Bit­co­in durch­läuft der­zeit eine Kri­se. Im Zen­trum steht dabei die Fra­ge, ob und auf wel­che Wei­se die Ver­ar­bei­tungs­ka­pa­zi­tät der Bit­co­in-Block­chain erhöht wer­den kann. Um mehr Trans­ak­tio­nen abzu­wi­ckeln, muss die Anzahl der Blö­cke, die inner­halb eines bestimm­ten Zeit­in­ter­valls ver­ar­bei­tet wer­den kön­nen, deut­lich erhöht wer­den. Die eine Frak­ti­on plä­diert für eine Erhö­hung der Ver­ar­bei­tungs­ka­pa­zi­tä­ten, die ande­re stemmt sich mit aller Macht dage­gen. Einen guten Über­blick über die Inter­es­sen­grup­pen und Rol­len in der Bit­co­in-Com­mu­ni­ty, die sich in dem Streit gegen­über­ste­hen, lie­fert der Bei­trag Kryp­to-Sze­ne: Wer bestimmt die Zukunft von Bit­co­in?.

Die Betei­lig­ten:

  • Core-Ent­wick­ler
  • Miner
  • Wal­let­be­trei­ber
  • Nut­zer

Die Inter­es­sen der Betei­lig­ten wei­chen z.T. deut­lich von­ein­an­der ab. Es han­delt es sich hier­bei um einen Macht­kampf, der von ideo­lo­gi­schen und/​oder öko­no­mi­schen Moti­ven gelei­tet wird. Das wider­spricht der eigent­li­chen Bit­co­in-Phi­lo­so­phie, wonach die Tech­no­lo­gie dadurch, dass sie neu­tral und effi­zi­ent zugleich ist, Kon­flik­te, die auf per­sön­li­che Moti­ve zurück­ge­hen, ver­hin­dern, zumin­dest jedoch deut­lich abschwä­chen soll.

Wiki­pe­dia als Vorlage

Par­al­le­len fin­den sich in der Ver­gan­gen­heit u.a. bei Wiki­pe­dia. Auch dort betont man den dezen­tra­len Ansatz, der Macht­kon­zen­tra­tio­nen aus­schlie­ßen soll. Vor eini­gen Jah­ren mehr­ten sich die Kla­gen dar­über, dass in der Wiki­pe­dia-Orga­ni­sa­ti­on die Admi­nis­tra­to­ren eine Macht­stel­lung erlangt hat­ten, die sich dia­me­tral zu ursprüng­li­chen Phi­lo­so­phie ver­hielt. Der Netz­werk­for­scher Chris­ti­an Steg­bau­er ging den Vor­wür­fen in sei­nem Buch Wiki­pe­dia – Das Rät­sel der Koope­ra­ti­on nach. Sei­ner­zeit wur­de bei Wiki­pe­dia die Mög­lich­keit einer Tei­lung, in gewis­ser Wei­se eines Hard Forks, dis­ku­tiert – die sog. Rele­vanz­de­bat­te (die Rele­vanz der Bei­trä­ge). Dem­nach soll­te Wiki­pe­dia in eine restrik­ti­ve und eine läs­si­ge­re Vari­an­te auf­ge­spal­ten werden.

Das bei Wiki­pe­dia prak­ti­zier­te Macht­mo­dell bezeich­ne­te Steg­bau­er als Oligarchie.

Zu dem Ein­fluss der Admi­nis­tra­to­ren sag­te Steg­bau­er in einem Inter­view:

Häu­fig wird betont, dass es sich bei Admins um “nor­ma­le” Teil­neh­mer han­de­le, die ledig­lich über ein paar mehr Befug­nis­se ver­füg­ten. For­mal mag das stim­men, tat­säch­lich wird das Pro­jekt sehr stark von Admi­nis­tra­to­ren beein­flusst, was sich etwa bei “Wah­len” zu Admi­nis­tra­to­ren oder ande­ren Funk­tio­nen gut bele­gen lässt. Dort sind Admins ein star­ker Ein­fluss­fak­tor, weil sich im Ver­gleich zu den Wahl­be­rech­tig­ten nur sehr weni­ge Nicht­ad­mins an dem öffent­li­chen Pro­ce­de­re betei­li­gen. Man kann sagen, dass Admins selbst ande­re Admins bestimmen.

Eine ver­gleich­ba­re Macht­fül­le haben bei Bit­co­in die Miner bzw. die Betrei­ber von Mining Pools (Vgl. dazu: Bit­co­in: Mining Pools wer­den zum Pro­blem).

The Social Life of Bitcoin 

In The social life of Bit­co­in kommt Nigel Dood zu ähn­li­chen Schluss­fol­ge­run­gen. Die Mining-Pra­xis in Bit­co­in begüns­ti­ge die Stel­lung der Miner in beson­de­rer Wei­se,  was zu einem Macht­un­gleich­ge­wicht füh­re. Bei nähe­rer Betrach­tung zei­ge sich, dass bei Bit­co­in von einem poli­tik­frei­en Raum kaum die Rede sein kann:

What looks like an apo­li­ti­cal tech­no­lo­gi­cal net­work from a distance beco­mes soci­al­ly nuan­ced and poli­ti­cal­ly loa­ded once one starts loo­king at who is mining, whe­re, with whom and with what.

Wie sag­te einst Her­bert Wehner:

Orga­ni­sa­ti­on ist Politik.

Aus­blick

Tech­no­lo­gie, und sei sie noch so effi­zi­ent und von ihrer Kon­zep­ti­on her neu­tral, kann nicht ohne ihre sozia­le Kom­po­nen­te, ohne ihre Ein­bet­tung in die bestehen­den sozia­len Prak­ti­ken betrach­tet werden.

Inso­fern schei­nen mit Blick auf die Zukunft Kon­sor­ti­en die bes­se­re und ehr­li­che­re Alter­na­ti­ve – beson­ders was die Block­chain-Tech­no­lo­gie betrifft. Wahr­schein­lich lässt sich ein Teil der Pro­ble­me (Mining) durch den Ein­satz neu­er Vari­an­ten der Dis­tri­bu­ted Led­ger Tech­no­lo­gies, wie Hash­graph oder Eris, lösen.

Das Spiel ist also noch nicht zu Ende.

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