Von Ralf Keuper
Fälle von Bilanzmanipulationen wie bei Enron und zuletzt Wirecard werfen die Frage auf, wie zuverlässig Bilanzen und das Rechnungswesen den Erfolg eines Unternehmens abbilden. Anders gefragt: Inwieweit sind Bilanzen ein Konstrukt ihrer Umgebung?
In den Sozialwissenschaften nimmt sich die Accountingforschung eben dieser Frage an[1]Bilanzfälschungen. Zur Problematisierung organisationaler Devianz. Quartalsberichte haben, insbesondere bei Unternehmen, die in hohem Maß vom Kapitalmarkt und dem Wohlwollen der Investoren abhängig sind, i.d.R. das Ziel, die Erwartungen zu erfüllen, nach Möglichkeit noch zu übertreffen. Bilanzen, Quartals- und Finanzberichte tendieren demnach bis zu einem gewissen Grad dazu, die Erwartungen ihres sozialen Umfelds bzw. der relevanten Interessengruppen abzubilden[2]Social environments and organizational accounting. Das kann dann, wie bei Enron und Wirecad dazu führen, dass Bilanzen einer kosmetischen Behandlung unterzogen werden.
Die fantasievollen Formen der Bilanzkosmetik lassen sich darauf zurückführen, dass das Geschäftsm…