Das Wett­be­werbs­um­feld für die Ban­ken ist in den letz­ten Jah­ren deut­lich rau­er gewor­den. Wesent­li­cher Grund dafür ist die Digi­ta­li­sie­rung, womit vor­nehm­lich die orts- und zeit­un­ab­hän­gi­ge Kom­mu­ni­ka­ti­on der Kun­den über ver­schie­de­ne Medi­en­ka­nä­le gemeint ist. Bank­ge­schäf­te wer­den häu­fig mobil – per Smart­phone oder Tablet-PC – abge­wi­ckelt. Die klas­si­schen Ver­triebs­ka­nä­le der Ban­ken, wie die Filia­len, ver­lie­ren dadurch an Bedeu­tung – die Bank droht in den Hin­ter­grund gedrängt zu wer­den. Die Kun­den­schnitt­stel­le wird im Netz von den gro­ßen Inter­net­kon­zer­nen (Goog­le, Ama­zon, Face­book, Apple) domi­niert, die über­dies selbst in das Bank­ge­schäft drängen.

Wie kön­nen die Regio­nal­ban­ken dem ent­ge­gen­wir­ken, wie kön­nen sie ver­hin­dern, dass der Kon­takt zu den Kun­den in der Digi­tal­mo­der­ne ver­lo­ren geht, wel­che Rol­le könn­ten dabei neue Tech­no­lo­gien wie Digi­tal­wäh­run­gen oder die Block­chain-Tech­no­lo­gie sowie Sprach­as­sis­ten­ten übernehmen?

Cars­ten Pfläging

Im Inter­view mit Bank­stil erläu­tert Cars­ten Pflä­ging, Vor­stand und CIO bei der Fidu­cia & GAD IT AG (Foto), wie der IT-Dienst­leis­ter die Volks­ban­ken mit Inno­va­tio­nen, sowohl tech­ni­scher und orga­ni­sa­to­ri­scher Art, bei der erfolg­rei­chen Bewäl­ti­gung der aktu­el­len wie künf­ti­gen Her­aus­for­de­run­gen unter­stützt und war­um der Fak­tor Ver­trau­en im Ban­king erfolgs­ent­schei­dend ist und bleibt.

Herr Pflä­ging, der Ban­ken­sek­tor durch­läuft seit Jah­ren einen tief­grei­fen­den Wan­del. Wie macht sich das in Ihrem Tages­ge­schäft als Vor­stand der Fidu­cia & GAD IT AG bemerkbar?

Ban­ken sind heu­te natür­lich noch viel stär­ker von der Digi­ta­li­sie­rung gefor­dert als vor fünf Jah­ren. Aber mein Ein­druck ist, dass nahe­zu alle Akteu­re die Her­aus­for­de­rung ange­nom­men haben und auf einem guten Weg sind, um den zukünf­ti­gen Markt­an­for­de­run­gen gerecht zu wer­den. Wir als IT-Dienst­leis­ter für die Volks­ban­ken und Raiff­ei­sen­ban­ken spie­len dabei eine zen­tra­le Rol­le. Wir lie­fern bereits vie­le Lösun­gen, um die Volks­ban­ken und Raiff­ei­sen­ban­ken hier im Wett­be­werb zu unter­stüt­zen. Dazu gehö­ren zum Bei­spiel die Funk­tio­nen „Scan2Bank“ oder „Geld sen­den & anfor­dern “ in der VR-Ban­king­App, die das ein­fa­che Bezah­len von Rech­nun­gen oder den Trans­fer von Kleinst­be­trä­gen via Smart­phone ermög­li­chen. Mit dem „VR-Orga­ni­zer“ steht eine Art „digi­ta­les Schließ­fach“ zur siche­ren Abla­ge von Doku­men­ten kurz vor dem Breiteneinsatz. 

Die zuneh­men­de Digi­ta­li­sie­rung ist natür­lich auch im Tages­ge­schäft deut­lich spürbar. 

Wie jeder Mit­ar­bei­ter im Unter­neh­men muss sich auch der Vor­stand dar­auf ein­stel­len, dass die Pro­zes­se immer digi­ta­ler und somit ver­netz­ter wer­den. Ein Bei­spiel von vie­len: Abspra­chen fin­den ver­mehrt auf vir­tu­el­ler Ebe­ne statt, die Geschwin­dig­keit des Aus­tauschs und der Ent­schei­dungs­fin­dung hat sich auch in den ver­gan­ge­nen Jah­ren noch ein­mal deut­lich erhöht. 

Die Stär­ke der Genos­sen­schafts­ban­ken ist die Ver­wur­ze­lung in der jewei­li­gen Regi­on – wie kön­nen die Genos­sen­schafts­ban­ken die­se Bezie­hung auf­recht erhal­ten, wenn sich wei­te Tei­le des Ban­king in das Inter­net, auf das Smart­phone ver­la­gern, wo das Regio­nal­prin­zip nicht greift?

Regio­na­le Nähe ist in der DNA der Genos­sen­schafts­ban­ken fest ver­wur­zelt. Neben die­ser loka­len Nähe gewinnt die digi­ta­le Nähe seit Jah­ren an Bedeu­tung. Umso mehr wird die Über­füh­rung der regio­na­len Ver­an­ke­rung und Kun­den­nä­he unse­rer Ban­ken, die ihre Pri­vat­kun­den und Fir­men­kun­den häu­fig in per­sön­li­cher Bezie­hung ken­nen, in die digi­ta­le Sphä­re zukünf­tig ein ent­schei­den­der Erfolgs­fak­tor sein. Das per­sön­li­che Bera­tungs­ge­spräch wird auch in Zukunft eine wich­ti­ge Rol­le spie­len. Aber die Rah­men­be­din­gun­gen haben sich geän­dert: Wenn Kun­den mit hoher digi­ta­ler Kom­pe­tenz in die Geschäfts­stel­le kom­men, haben sie sich bereits aus­gie­big im Inter­net infor­miert. Wich­tig aus unse­rer Sicht: Der Bank­kun­de hat die Wahl, über wel­chen Kanal er mit sei­ner Bank in Ver­bin­dung tritt: Ob im Wohn­zim­mer, unter­wegs oder in der Filia­le – unse­re Lösun­gen bie­ten dem Bank­kun­den den direk­ten Draht zu sei­ner Bank.

Die Fin­tech-Start­ups gel­ten gemein­hin als die Inno­va­ti­ons­trei­ber der Bran­che. Dem­ge­gen­über wir­ken Ban­ken häu­fig noch alt­ba­cken. Täuscht der Ein­druck? Kön­nen Sie Gegen­bei­spie­le aus Ihrem Haus nennen?

Fintechs mögen in ein­zel­nen Spe­zi­al­dis­zi­pli­nen des Ban­kings durch­aus span­nen­de Kon­zep­te haben. Unser Vor­teil aber ist, dass wir einen holis­ti­schen Ansatz, also das gesam­te Ban­king abbil­den, (Bank­ver­fah­ren, Bank­kun­den­an­wen­dun­gen etc.) und dem­entspre­chend brei­te Kennt­nis­se haben. Unse­re VR-Ban­king­App hat inzwi­schen eine Viel­zahl von Funk­tio­nen inte­griert in einer App, für die ich sonst fünf bräuchte. 

Gene­rell sehen wir Fintechs nicht als Kon­kur­renz, son­dern viel­mehr als Ansporn und Chan­ce für mehr Inno­va­tio­nen im Ban­king. Daher suchen wir gezielt die Zusam­men­ar­beit und Koope­ra­ti­on – ein Gewinn für bei­de Sei­ten. Ein aktu­el­les Bei­spiel für die frucht­ba­re Zusam­men­ar­beit war der vier­te GEN­O­Ha­cka­thon, der Anfang Janu­ar in unse­rer Inno­va­ti­ons­werk­statt in Mün­chen statt­fand. Mit Fino, Money­meets und ti&m waren dort drei Fintechs vor Ort, die das Ver­an­stal­tungs­for­mat berei­chert haben. Dane­ben för­dern wir selbst­ver­ständ­lich auch gezielt unse­re inter­nen Inno­va­ti­ons­for­ma­te, deren jüngs­te Ergeb­nis­se wir auch auf unse­rer Mes­se COM18 im April in Karls­ru­he prä­sen­tie­ren werden.

In der Bera­ter­sze­ne wird häu­fig das “Inno­va­tors Dilem­ma” als Ursa­che für das Schei­tern einst­mals erfolg­rei­cher Unter­neh­men und Bran­chen erwähnt, die zu lan­ge an ihrem Geschäfts­mo­dell fest­ge­hal­ten haben. Gilt die­ser Befund mitt­ler­wei­le nicht auch für die Banken?

Nein, ich bin über­zeugt, dass dem nicht so ist. Ban­king lebt vom Ver­trau­en – ich ver­traue dem Unter­neh­men nicht nur ein paar Daten an, son­dern mein Geld. Die­ses Ver­trau­en wird auch in Zukunft der ein zen­tra­ler Punkt sein. Natür­lich bedeu­tet der Wan­del im Ban­king eine Her­aus­for­de­rung, die wir mit hohem Ein­satz und neu­en Lösun­gen ange­hen wer­den. Neben unse­rer lang­jäh­ri­gen Erfah­rung und dem umfang­rei­chen Know-how wird auch die Offen­heit für die Ent­wick­lun­gen in Zuge der Digi­ta­li­sie­rung wich­tig sein. Wir wer­den wei­ter­hin sehr genau auf die Bedürf­nis­se unse­rer Kun­den hören, den Markt genau­es­tens beob­ach­ten und bereit sein, in neue Tech­no­lo­gien zu investieren.

Wie gelingt bei der Fidu­cia & GAD IT AG der Spa­gat zwi­schen alter und neu­er Welt, d.h. der Wan­del von einer auf Hier­ar­chie aus­ge­leg­ten Orga­ni­sa­ti­on hin zu einer Netzwerkorganisation?

Wir wis­sen, dass Inno­va­ti­ons­kraft ein ent­schei­den­der Fak­tor für die Zukunfts­fä­hig­keit eines Unter­neh­mens ist. Unser Ziel ist es, Frei­räu­me zu schaf­fen, in denen Mit­ar­bei­ter inno­va­tiv den­ken und gleich­zei­tig koope­ra­tiv arbei­ten kön­nen. Damit Krea­ti­vi­tät und gute Ideen ent­ste­hen kön­nen, muss man im pas­sen­den Umfeld den rich­ti­gen Nähr­bo­den haben - die räum­li­che Platt­form dafür haben wir 2016 mit der Inno­va­ti­ons­werk­statt in Mün­chen geschaf­fen. Dort fin­den unse­re Mit­ar­bei­ter die idea­le Atmo­sphä­re vor, um den Inno­va­ti­ons­geist zu stär­ken, den Ideen­pro­zess anzu­kur­beln und neue markt­ori­en­tier­te Lösun­gen zu ent­wi­ckeln. Zudem hel­fen unbü­ro­kra­ti­sche For­ma­te wie der GEN­O­Ha­cka­thon dabei, ein „neu­es Inno­va­ti­ons­kli­ma“ zu kreieren. 

Dar­über hin­aus haben eine Viel­zahl von Initia­ti­ven, die den neu­en Anfor­de­run­gen im „modern-working“ Rech­nung tra­gen. Dazu zäh­len Tools, bei denen eine Kol­la­bo­ra­ti­on über Hiera­chie­ebe­nen hin­weg geför­dert wer­den oder auch das ver­net­ze Arbei­ten in cross-funk­tio­na­len Teams. Die­sen Ansatz fah­ren wir nicht nur bei Ver­an­stal­tungs­for­ma­ten wie dem GEN­O­Ha­cka­thon, son­dern zum Bei­spiel auch bei unse­ren drei inter­nen Start-ups. 

Die gro­ßen digi­ta­len Öko­sys­te­me oder Platt­for­men haben den Vor­teil, alles aus einer Hand anbie­ten zu kön­nen und über die nöti­ge Ska­lie­rung zu ver­fü­gen. Besteht da nicht Gefahr, dass die Ban­ken von den Dis­tri­bu­ti­ons­ka­nä­len, der Hard­ware und Soft­ware von Goog­le, Ama­zon, Face­book, Apple und Ali­baba (GAFAA) abhän­gig werden?

Das sind Ent­wick­lun­gen, die wir natür­lich sehr genau beob­ach­ten. Ich glau­be aber auch, dass ins­be­son­de­re bei einem hoch­sen­si­blen The­ma wie dem Ban­king die Men­schen sehr genau hin­schau­en, wem sie ihr Geld anver­trau­en. Über­spitzt gesagt: Ich den­ke, vie­le Men­schen sträu­ben sich davor, gera­de in die­ser Bezie­hung wirk­lich mit ihren Daten zu bezah­len. In die­sem Punkt gilt es, das Ver­trau­en der Kun­den zu sichern, denn dadurch haben wir einen ent­schei­den­den Vor­teil auf dem Markt. 

Die Block­chain-Tech­no­lo­gie oder all­ge­mein die Dis­tri­bu­ted Led­ger Tech­no­lo­gies wie auch digi­ta­le Wäh­run­gen könn­ten das Ban­king in den nächs­ten Jah­ren ent­schei­dend prä­gen – wie bewer­tet man bei der Fidu­cia & GAD IT AG die­se Entwicklung?

Gera­de die Block­chain-Tech­no­lo­gie birgt Poten­zia­le für Ban­ken, sich neu zu posi­tio­nie­ren. In die­sen Netz­wer­ken ste­hen Kom­pro­mis­se und Kon­sens der Mehr­heit klar über dem eige­nen Ein­fluss auf Pro­zes­se. Die­se Ver­än­de­rung beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Block­chain, son­dern ist in zuneh­mend digi­ta­li­sier­ten und ver­net­zen Öko­sys­te­men ein gene­rel­ler Fak­tor. Um die Ver­än­de­rung vor­an­zu­trei­ben, müs­sen Ban­ken offen für neue Denk­an­sät­ze sein und dadurch neue Geschäfts­mo­del­le und Pro­duk­te ent­wi­ckeln. Also: Weg von der inter­nen Sicht auf Pro­blem­lö­sun­gen hin zu einem Modell, des­sen zen­tra­le Fra­ge­stel­lung ist, wie ein Finanz­in­sti­tut sei­ne Kun­den mit der Tech­no­lo­gie bei deren Bedürf­nis­sen sinn­voll unter­stüt­zen und somit rele­vant blei­ben kann. 

Bei den Kryp­to-Wäh­run­gen dage­gen soll­te man abwar­ten, wohin die Rei­se geht. Natür­lich gibt es momen­tan einen regel­rech­ten Hype, aber ob sie nach­hal­ti­ge Aus­wir­kun­gen auf das Ban­king haben wer­den respek­ti­ve in wel­cher Form, kann momen­tan noch nicht mit Sicher­heit fest­ge­hal­ten wer­den. Hier gilt es, die wei­te­ren Ent­wick­lun­gen genau­es­tens zu beob­ach­ten und zu analysieren. 

Wel­che Rol­le hat der Stand­ort Müns­ter nach der Fusi­on in dem neu­en Unter­neh­men über­nom­men – wel­chen Anteil hat Müns­ter bei der Ent­wick­lung inno­va­ti­ver Lösungen?

Stand­or­te sind für uns nicht der ent­schei­den­de Fak­tor, son­dern, wel­che Arbeit wir für unse­re Kun­den leis­ten und wel­chen Mehr­wert wir ihnen damit bie­ten kön­nen. Unse­re Teams arbei­ten ohne­hin stark über Stand­or­te ver­netzt. Ob nun Müns­ter, Mün­chen oder Karls­ru­he – an den Ent­wick­lun­gen inno­va­ti­ver Lösun­gen arbei­ten alle Mit­ar­bei­ter der Fidu­cia & GAD mit. 

Herr Pflä­ging, wie glau­ben Sie wird das Ban­king in fünf Jah­ren aus­se­hen und wel­che Rol­le wird die Fidu­cia & GAD IT AG dar­in spielen?

Natür­lich sind lang­fris­ti­ge Pro­gno­sen schwie­rig, da sich das Bank­we­sen in einem extre­men Wan­del befin­det. Ich den­ke aber, dass die digi­ta­le Trans­for­ma­ti­on ein deut­li­ches Stück wei­ter vor­an­ge­schrit­ten sein wird. Die neu­en PSD2-Richt­li­ni­en kann man durch­aus als his­to­ri­schen Mei­len­stein sehen, der das Ban­king in vie­ler­lei Hin­sicht deut­lich ver­än­dern wird. Auf die­se Ver­än­de­rung müs­sen wir uns ein­las­sen und damit nicht genug: Die Fidu­cia & GAD hat den Anspruch nicht nur Mit­läu­fer in der digi­ta­len Trans­for­ma­ti­on zu sein, son­dern Vor­rei­ter und Inno­va­ti­ons­trei­ber. Ich sehe uns für die kom­men­den Her­aus­for­de­run­gen bes­tens auf­ge­stellt. Künst­li­che Intel­li­genz, Sprach­steue­rung und Kryp­to-Wäh­run­gen, aber auch die Block­chain-Tech­no­lo­gie – die­se und wei­te­re The­men, wer­den für uns sowie für die gesam­te Bran­che pri­mä­re Bedeu­tung haben. Letzt­end­lich wird der Markt ent­schei­den, wel­che Tech­no­lo­gien und Lösun­gen sich auf lan­ge Zeit durchsetzen.

Herr Pflä­ging, vie­len Dank für das Gespräch!

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