Von Ralf Keuper

Der Wert einer Wäh­rung ist im hohen Maß davon abhän­gig, wel­chen Wert die Men­schen, die sie wie ver­wen­den, ihr zuschrei­ben und wie­viel Ver­trau­en sie dar­in setzen.

Für den ame­ri­ka­ni­schen Phi­lo­so­phen John Sear­le zählt Geld, eben­so wie eine Ehe oder eine Cock­tail­par­ty zur Grup­pe der Insti­tu­tio­nel­len Tat­sa­chen. In Aus Papier Geld machen heisst es weiter:

Denn sie wer­den, was sie sind, alle durch die glei­che sprach­li­che Akti­on. Wenn wir ein Stück Papier als einen 20-Fran­ken-Schein iden­ti­fi­zie­ren, hat das mit des­sen phy­si­ka­li­schen Eigen­schaf­ten nichts zu tun. Viel­mehr voll­zö­gen wir eine simp­le logi­sche Ope­ra­ti­on, meint Sear­le. «Wir schrei­ben dem Stück Papier einen Sta­tus zu», sagt er, «indem wir etwas als etwas zäh­len, das es gar nicht wirk­lich ist.» Phy­sisch ist ein 20-Fran­ken-Schein nur Papier – aber wir akzep­tie­ren es als Geld, weil wir ihm die­sen Sta­tus gege­ben haben.

Sear­le spricht, wenn wir Geld einen bestimm­ten Sta­tus und Pflich­ten zuschrei­ben, von der deon­ti­schen Macht:

So tri­vi­al das auf den ers­ten Blick anmu­ten mag, so weit­rei­chen­de Kon­se­quen­zen hat es, denn die Zuschrei­bung eines Sta­tus hat Aus­wir­kun­gen; sie erschafft: Rech­te, Ver­pflich­tun­gen, Ansprü­che, Ver­bo­te und der­glei­chen. Sear­le nennt sie «deon­ti­sche Macht» nach dem grie­chi­schen Wort «deon», Pflicht. Das Stück Papier namens Geld gibt jeman­dem das Recht, damit Ein­käu­fe zu täti­gen; eine Cock­tail­par­ty ver­pflich­tet uns, nicht unan­ge­mes­sen im Sport­dress aufzulaufen.

Mit Blick auf die Kryp­to­wäh­run­gen wäre zu fra­gen, wel­chen Sta­tus wir ihnen zuschrei­ben kön­nen oder dür­fen, wel­che Rech­te und Pflich­ten sich dar­aus ablei­ten las­sen, und wen bzw. wel­che Insti­tu­ti­on wir, im Fall eines Sta­tus- und Ver­trau­ens­ver­lusts, dafür über­haupt haft­bar machen können.

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